Defi und Arbeitsplatz

#1
Hallo
darf ich einfach mal die Frage in den Raum stellen, wie es anderen nach einer Implantation des Defis an ihrem Arbeitsplatz ergangen ist? Habt ihr euer Umfeld informiert, gab es Probleme mit dem Job, wurdet ihr benachteiligt?
Ich lese bei den Arbeitnehmern im Forum über 55 zwar, dass einige frühberentet wurden, bei den "jungen DefiTrägern" steht da recht wenig. Konntet Ihr Euren Beruf weiter ausüben, mußtet ihr Umschulen. War es schwierig mit einem neuen Arbeitsplatz, bei Bewerbungen. Mich interessiert aber genauso, wie es den "nicht jungen" Defiträgern ergangen ist.
Ich bin als Krankenschwester angestellt und arbeite auf einer Inneren Intensivstation. Nach der Implantation hatte ich Zeit/und viel Unterstützung/Gespräche, mich mit meiner neuen Situation auseinander zu setzen und ein gewisses Selbsbewußtsein zu entwickeln. Das ich aber auch brauche.
Ich bin gespannt auf eure Beiträge
Gruß Ulli



Re: Defi und Arbeitsplatz

#2
Hallo Ulli,
Wie fing bei mir alles an?
Mein Name ist Heinz, bin 63 Jahre alt und habe seit Aug. 2003 einen Defi.
Begonnen hat alles im April 2003, nachdem ich gerade 3 Monate in der 2. Phase
der Altersteilzeit war. Ich hatte erst mal Appetitlosigkeit, der Geschmacksinn
war praktisch gleich Null. Ich aß fast nichts mehr. Trotzdem nahm ich
ständig zu. Dabei bemerkte ich, dass erst die Füße, dann die Beine usw. immer
dicker und angespannter wurden. Kurzum, es sammelte sich immens viel Wasser, und
das immer höher bis in den Brustraum, was schließlich zu unerträglicher
Atemnot führte.
Bei einem nun ( seit Jahren ) überfälligen Arztbesuch, großem Blutbild und
anschließenden Röntgen wurde festgestellt, dass mein Herz immens vergrößert
war und sich bereits Wasser in der Lunge angesammelt hatte. Nach Auswertung des
Blutbildes überraschte mein Arzt mich mit der weiteren Tatsache, dass ich
einen Nüchternzucker-Wert von über 400 hatte, was ihn veranlasste, mich sofort
in die Klinik einzuweisen. Dort nun wurde ich nach allen Regeln der Kunst
untersucht und sofort mit der intravenösen Senkung des Blutzuckers auf relativ
normale Werte beglückt. mit dem Ergebnis, dass ich eine kombinierte orale
Therapie mit Amaryl und abends Insulin spritzen durfte. Parallel dazu die
Therapie der dekompensierten Herzinsuffizienz.
Nach zwei Wochen wurde ich in eine weitere Klinik mit einer großen
Kardiologie verlegt, wo ich seitens des Herzens auf den Kopf gestellt wurde, u.a.
zweimal Herzkatheter (Kontrast- mittel -Darstellung der Herzgefäße und eine EPU –
Elektrophysiologische Unersuchung des Reizleitungssystems mit Provozierung
von Herzrhytmusstörungen ).
Ergebnis all dieser Untersuchungen: Dilatative Cardiomyopathie ( DCM ),
Koronare Herzkrankheit 1 ( KHK-1 ), schwer reduzierte Linksventrikel-Funktion (
EF 16 % ), eine Mitralklappeninsuffiziens II. Grades ( MI II° ), pulmonale
Hypertonie und schließlich noch ein überstandener Hinterwandinfarkt ( HWI ).
Als Nebendiagnose wurde noch eine Gonarthrose beiderseits an den Knien und
eine Spondylosis deformans an der BWS festgestellt, was zwar Schmerz
verursachend, aber nicht lebensgefährlich ist.
Nach kurzen, aber intensiven Diskussionen mit den Kardiologen wurde dann die
Entscheidung getroffen, dass ich aufgrund der Indikationen : Nichtanhaltende
Kammertachykardien und überstandener HWI einen Defi implantiert bekommen
soll, dem ich sofort zustimmte. Hierzu muss ich noch bemerken, dass ich etwas vom
Fach bin. Ich habe 35 Jahre lang seitens der Industrie u.a. im OP gearbeitet
und Ärzte in der Handhabung von neuen Techniken und Produkten, hierbei
auch Bypässe und entspr. Zubehör eingewiesen. Daher waren mir die medizinischen
Zusammenhänge nicht ganz unbekannt.
Dieser Defi ( GUIDANT VENDAK ) wurde nun nach einer gewissen Wartezeit im
August 2003 in der Herzchirurgie der Uniklinik Düsseldorf implantiert.
Ich wurde dann nach Hause entlassen mit folgender Medikationsempfehlung:
morgens Amaryl ( Blutzucker )
Dilatrend ( Betablocker ) Hochdruck, Frequenz-Senkung
Captopril ( ACE-Hemmer ) Hochdruck, Herzschwäche
Aldactone ( Spironolacton ) Wasser
Torem ( Furosemid ) Wasser
mittags Herz-ASS 100 ( Acetylsalicylsäure ) Reinfarktprophylaxe
abends Dilatrend
Captopril
Insulin ( Injektion )
Dazu mehrmals täglich, je nach Situation, Blutzucker bzw. Blutdruck messen.
Was das Tragen von einem Defi anbelangt muß ich sagen, es gibt keinerlei
Probleme, zumindest was mich persönlich betrifft, Ich habe die Schwere der
kardialen Grunderkrankungen erkannt und voll akzeptiert. Ich weiß, dass der Defi
kein Therapeuticum ist, sondern lediglich die „schützende Hand“ über mich hält
und bei Bedarf aktiv wird. Ich weiß aber auch, was passieren könnte, wenn
ich den Defi nicht hätte. Stichwort: Plötzlicher Herztod. Die Funktion des Defi
wird periodisch im Defi-Labor meines Krankeshauses überprüft . Im täglichen
Leben achte ich sehr wenig auf ihn, abgesehen von den Defi-spezifischen
Vorsichtsmaßnahmen. Darüber hinaus habe ich mir die Philosophie des
Defi-Herstellers zu Eigen gemacht, die da sagt: „ Mein Doktor und ich haben entschieden,
der Himmel kann warten – dank des eingebauten Notarztes.“
All dies addiert, habe ich noch beim Versorgungsamt einen
Schwerbehinderten-Grad von 80 erhalten.
Was ich wohl sagen muß, ist, dass die Angehörigen viel differenzierter mit
allem umgehen. Meine Frau zuckt jedes Mal zusammen, wenn eine vermeintliche
falsch gedeutete Unregel-
mäßigkeit mit dem Defi geschieht. Ich registriere dies gar nicht mehr. Das
wiederum versteht meine Frau dann nicht immer. Sie nimmt alles viel ernster
als ich selber. Das wird vielleicht anders aussehen, wenn der Defi mal in Aktion
tritt und mir einen gehörigen, aber „lebensrettenden“ Schlag versetzt.
Mit vielen Grüßen Heinz

DCM, Mitralklappen-Insuff. Grad II, KHK m. RCA-Verschluss, Hinterwandinfarkt, Pulm. Hypertonie, Diabetes mell. Typ 2, ICD-Implantation 07.08.03 (Guidant Ventak Prizm 2DR Mod. 1861 ), Spondylosis deformans, Gonarthrose bds.,
Katarakt-OP bds.. Coxarthrose bds., grauer Star OP bds. am 10.09.10 neuer Defi ( St.Jude V268 )Schwerbehinderung GDB 100, Merkzeichen aG u. B
Vom 28.06.09 - 01.09.09 ( 10 Wochen ) wg einer infizierten Fußnekrose in verschiedenen Kliniken. Rollstuhl!

Re: Defi und Arbeitsplatz

#3
Lieber Heinz,
Du warst dann bereits in Altersteilzeit, oder ?
Du bist von Deiner Herzerkrankung her im Alltag sicher eingeschränkt belastbar. Die Ängste Deiner Frau kann ich übrigens gut verstehen. Ich betreue beruflich auch Defi-Patienten, und für die Angehörigen ist es nicht immer leicht. Genauso wenig, wie für einen Betroffenen selbst. Ich sehe das auch in meinem privaten Umfeld.
Außerdem ist der Defi oft eine Erinnerung daran, dass man genau so gut auch nicht mehr da sein könnte.
Hast Du in Deinem Verwandten-, Bekanntenkreis Deine Defi-Implantation bekannt gemacht ?
LG Ulli

Re: Defi und Arbeitsplatz

#4
Liebe Ulli,
die ganze Geschichte mit meiner Herzerkrankung passierte zu Beginn meiner Altersteilzeit, also zu einer Zeit, wo man normalerweise den Druck des Dienstes nicht mehr hat. Bezeichnenderweise erlitt ich den Hinterwandinfarkt noch zu meiner aktiven Zeit irgendwann im Stress ohne irgendetwas bewußt zu bemerken. Der Infarkt war so ausgeprägt, da die gesamte rechte Koronararterie komplett verschlossen war und die Versorgung durch Seitenäste der linken Koronararterie teilweise mit übernommen wurde. Aber wie gesagt, von all dem habe ich nichts bemerkt.
Was den Umgang mit dem Defi angeht, ist mein Umfeld komplett informiert. Da kennen wir keine Scheu, damit umzugehen. Was da mit einem passiert und was da in einem ist, habe ich oft genug beruflich im OP gesehen und erlebt, da ich selber jahrelang im Krankenhaus und speziell im OP in allen Disziplinen bis hin zur offenen Herz-OP den Ärzten neue OP-Verfahren und Techniken vorgestellt und darin eingewiesen habe. Über das Erlebte sprach man ganz offen in der Familie.
Man hatte also keine Berührungsängste, auch wenn manche Freunde fragen, wieso ich so offen mit meiner Situation umgehe.
Ich weiß, ohne den Defi habe ich bei einem evtl. Kammerflimmern keine Chance mehr. So kann ich dank des implantierten "Notarztes" ohne große Einschränkungen weiterleben, abgesehen von den Unterbrechungen
durch Pilleneinnahmen, Blutdruck- und Blutzuckermessungen sowie Insulin-Spritzen. An die nicht lebensgefährlichen Wehwechen wie Gonarthrose, Spondylosis deformans usw. kann man sich gewöhnen.

Aber wie du auch sagst, sind die Angehörigen viel hellhöriger und ängstlicher bei irgendwelchen nicht genau definierbaren Signalen des Defis, und sei es nur ein leichtes Piepen, was letzlich nur der Kurzzeitmesser in der Küche war.


Viele liebe Grüße
Heinz



DCM, Mitralklappen-Insuff. Grad II, KHK m. RCA-Verschluss, Hinterwandinfarkt, Pulm. Hypertonie, Diabetes mell. Typ 2, ICD-Implantation 07.08.03 (Guidant Ventak Prizm 2DR Mod. 1861 ), Spondylosis deformans, Gonarthrose bds.

DCM, Mitralklappen-Insuff. Grad II, KHK m. RCA-Verschluss, Hinterwandinfarkt, Pulm. Hypertonie, Diabetes mell. Typ 2, ICD-Implantation 07.08.03 (Guidant Ventak Prizm 2DR Mod. 1861 ), Spondylosis deformans, Gonarthrose bds.,
Katarakt-OP bds.. Coxarthrose bds., grauer Star OP bds. am 10.09.10 neuer Defi ( St.Jude V268 )Schwerbehinderung GDB 100, Merkzeichen aG u. B
Vom 28.06.09 - 01.09.09 ( 10 Wochen ) wg einer infizierten Fußnekrose in verschiedenen Kliniken. Rollstuhl!

Re: Defi und Arbeitsplatz

#5
Hallo Ulli,

Ich bin 35 Jahre alt, seit 1,5 Jahren Defi-Träger und ich hatte vor kurzem 4 Schocks. Ich war Pilot, aber meine Lizenz wurde mir entzogen. Daraufhin hat mir der Arbeitgeber gekündigt. Zudem habe ich durch die Medikamente starke Kreislaufprobleme.
Da mein Krankheitsbild (ARVD), sich wohl leider verschlechtert, habe ich jetzt Rente beantragt. Bescheid habe ich noch keinen bekommen, aber ich kann nur hoffen, dass er positiv sein wird, da ich ziemlich am Ende bin.

Liebe Grüsse, Klaus

Re: Defi und Arbeitsplatz

#6
Hallo Uli!
Also ich bin gerade 30 Jahre jung und habe jetzt seit etwas mehr als einem Jahr meinen Defi.
Ich muß sagen, anfangs hatte ich sehr große Probleme, besonders psychischer Seits, mit diesem Ding. Leider wissen die Ärzte nicht genau, was ich habe. Ich wurde von oben bis unten durchgecheckt, aber sie konnten "nur" feststellen, daß ich bei einer Frequenz von 220 im Wachzustand ein Kammerflimmern bekomme. Im Schlaf passiert dies allerdings nicht. Warum und wieso das so ist, weiß niemand, weder eine Biopsie, noch der Katheter oder sonstiges haben irgendwas ergeben.
Ich nehme 3 Mal täglich 80 mg Sotahexal und komme damit auch gut klar.
Meinen Arbeitgeber bzw. meine Kollegen habe ich erst nach einem halben Jahr über meinen Defi informiert (da war nämlich die Probezeit um ;-)). Sie habe alle wirklich sehr positiv reagiert und packen mich jetzt auch nicht in Watte oder so, worüber ich echt total froh bin. Ich arbeit Vollzeit und bin mit Defi genau so belastbar wie vor der Implantation.
Mittlerweile spiele ich immer öfter mit dem Gedanken, mit das Ding wieder herausnehmen zu lassen, aber irgendwie habe ich dann doch Angst, was dann ist, wenn doch was passiert. Alles in allem versuche ich meinen "Bodyguard" so gut es geht zu ignorieren. Was allerdings ist, wenn er wirklich mal schockt, weiß ich auch noch nicht. Ich hoffe nicht, daß ich dann in genau so ein psychisch tiefes Loch falle wie nach der Implantation.
Dir wünsche ich alles gute!
Liebe Grüße

Nomi

Re: Defi und Arbeitsplatz

#7
Hallo Nomi
bei mir ist es ganz ähnlich verlaufen, nur nehme ich lediglich ß-Blocker zusätzlich, bin aber am ausschleichen, um zu sehen, ob es auch ganz ohne geht.
Bei mir hieß es zunächst, Explantation nach einem Jahr, nach Kontroll EPU. Davon spricht jetzt keiner mehr (nachdem auch Episoden drin waren in der Abfrage) und ich selbst bin auch am zweifeln, ich glaube, ich laß meinen Wächter einfach drin, bis die Batterie leer wird und mach mir erst dann Gedanken darüber, wie es weitergehen soll.
Schon seltsam, eigentlich ist es eine Sicherheit, will man die wieder loswerden? Und wie wird es dann ohne sein ? Wie vorher? Oder bleibt eine Angst zurück...
Naja, Dir alles Gute
Ulli



Cardioman

#8
Hallo,
zum Thema Defi am Arbeitsplatz gehören ja auch die Gefahren die von verschieden Geräten und Anlagen ausgehen können und somit Störungen am ggf. Störungen am Defi auslösen. Um darin Sicherheit zu gewinnen kann man mit dem Cardioman die magnetischen und elektromagnetischen Felder feststellen und sich so schützen.

Viele Grüße!

cron