Long QT- Sysndrom gefunden im Ärzte Blatt

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Long QT-Syndrom: Prädiktoren für den plötzlichen Herztod in der Pubertät
Donnerstag, 14. September 2006
Rochester - Die Hormonumstellung während der Pubertät erhöht das Risiko von tödlichen Herzstillständen bei Menschen mit dem Long QT-Syndrom (LQTS). Synkopen sind schlechte Vorboten, zumal wenn sie häufiger auftreten oder erst kurz zurückliegen. Nach einer Publikation im amerikanischen Ärzteblatt JAMA (2006; 296: 1249-1254) sind diese klinischen Zeichen bessere Prädiktoren als eine genetische Analyse.

In den letzten Jahren wurden etliche Gendefekte entdeckt, die zu einer Repolarisierungsstörung im Reizleitungssystem des Herzens führen, die als LQTS bezeichnet wird. Sie ist die häufigste Ursache für plötzliche kardiale Todesfälle bei Heranwachsenden. Dieses Schicksal ereilt in den USA jedes Jahr etwa tausend Jugendliche. Auslöser für den Herzstillstand sind sportliche Anstrengungen, starke Emotionen oder auch nur laute Musik. Oft kommt es nur zu einer Synkope, und das ansonsten gesunde Herz der Menschen mit LQTS erholt sich von selbst. Wenn dies nicht der Fall ist, kommt es zu einem tödlichen Kammerflimmern. Vor einem Vierteljahrhundert gründete Arthur Moss von der Rochester Universität im US-Bundesstaat New York ein Patientenregister, das weltweit einzigartig ist und auch Daten europäischer Patienten enthält.

Die wenigsten Patienten mit LQTS sterben an einem plötzlichen Herztod. Für die Mediziner ist es deshalb wichtig, die am meisten gefährdeten Personen zu erkennen. Moss hat daher die Daten von 2.772 Patienten ausgewertet, die dem Register bereits im Alter von 10 Jahren bekannt waren. Von ihnen erlitten 126 einen Herzstillstand, der aber bei 81 Patienten rechtzeitig behandelt werden konnte, sodass die Patienten überlebten.

Am wenigsten gefährdet erscheinen Patienten, die noch keinen Herzstillstand erlitten hatten. Wenn es in der Vorgeschichte eine oder zwei Episoden einer Synkope gegeben hat, die aber länger als zwei Jahre zurücklagen, war das Risiko eines Herzstillstands um den Faktor 2,7 erhöht. Wenn die letzte oder einzige Synkope weniger als zwei Jahre zurücklag, war das Risiko um den Faktor 18,1 erhöht. Der zweite Risikofaktor ist eine Verlängerung des korrigierten QT-Intervalls im EKG auf 530 Millisekunden oder mehr.

Er steigert das Risiko auf einen bevorstehenden Herzstillstand um den Faktor 2,3. Als drittes fanden Moss und Mitarbeiter eine kritische Lebensphase zu Beginn der Pubertät. Jungen sind im Alter von 10 bis 12 Jahren viermal so gefährdet wie Mädchen. Als Erklärung hierfür bietet sich die einsetzende Androgenbildung während der Pubertät an. Bei den Mädchen könnten Östrogene eine, wenn auch schwächere Rolle spielen. Sehr überraschend war der Befund, dass keine der etwa 300 Genmutationen eine ähnlich gute Vorhersage der tödlichen Komplikationen zulässt wie die sorgfältige Anamnese des Arztes.

Auch für die Therapie liefert die Studie wichtige Erkenntnisse. So scheint die Therapie mit Betablockern oft eine lebensrettende Wirkung zu haben. Bei den Patienten, die in den vorangegangen zwei Jahren eine Synkope erlebt hatten, senkten Betablocker das Risiko eines Herzstillstands um 64 Prozent. Dies bedeutet aber auch, dass die Medikamente keine Garantie gegen eine tödliche Arrhythmie bieten. Für viele Patienten stellt sich deshalb die Frage, ob die Implantation eines implantierten Cardioverter-Defibrillators („ICD“) nicht die sichere Option ist.
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