HNOCM - Defi jetzt schon?

#1
Hallo Forum!
Ich, 30 J., habe eine familiär bedingte hypertrophe nichtobstruktive, Cardiomyopathie, die mit 14 bei einer Routinekontrolle diagnostiziert wurde. Seit diesem 1. Schock (Du musst keine Angst haben - du fällst dann einfach auf der Straße um und bist tot, das tut nicht weh!) lebte ich eigentlich so gut wie beschwerdefrei mit 3x1 Isoptin KHK retard - bis vor kurzem.
Ich fühlte mich nicht mehr so fit wie sonst und hatte einen extrem niedrigen Blutdruck. Bei der Routinekontrolle fand meine Kardiologe nichts auffälliges. Nach diesem Termin war mit öfters schwindlig und schließlich hatte ich eine kurze Präsynkope (ca. 3 Sek.) Danach aufgezeichnete Langzeit-EKGs ergaben einmal 3 ventr. Tachykardien an einem Tag und einmal 1 ventr. Tachykardie an 3 Tagen. Jetzt habe ich von 4 Ärzten unabhängig voneinander mal mehr, mal weniger eindringlich nahegelegt bekommen, einen Defi zu nehmen.

Ich habe solche Angst davor! Meine Mutter hat einen erst mit 53 bekommen und hat eine riesige, rote, häßliche Narbe, aber bislang keine Schocks!. Ich habe im April erst geheiratet und hatte jetzt gerade die Pille abgesetzt, weil wir gerne Kinder haben wollten. Keiner der Ärzte läßt sich zu einer Stellungnahme hinreißen, ob eine Schwangerschaft für mich gefährlich sei oder nicht. Die Kommentare gehen von Schulterzucken bis zu -Wollen Sie einem Kind das wirklich antun?-
Ich werde mein Pferd nicht mehr versorgen können, ja, ich komme gar nicht erst hin, weil ich ja dann kein Auto fahren darf. Auf der Arbeit (Baubranche) sitzt ich dann nur noch zwischen Rechnern und Druckern und Telefonen (geht das überhaupt?), Bauleitung kann ich ja keine mehr machen, weil ich kein Auto fahren soll.
Je mehr ich mich über das Thema informiere, desto mehr Angst bekomme ich: Vor allem vor den Schocks. Seitdem habe ich auch mehr Beschwerden, wie Herzrasen beim ins Bett gehen oder starkes Klopfen in Hals und Magengegend auch tagsüber. Seit einer Woche habe ich auch so ein komischen Ziehen bzw. Stechen in der Brust. Ich habe zwar jetzt schon einen Termin für Ende September, aber sicher, ob das richtig ist, bin ich nicht. Eigentlich sollte ich schon diese Woche unters Messer, aber da ist Taufe von meinem Patenkind! Daher soll ich jetzt schon mal Metroprolol (Beloc-Zoc-Mite) nehmen, allerdings gehts mir seitdem schlechter. Ich glaube, die Dosis 0,5-0-0,5 ist zu niedrig. Oder es sind die Nerven.

Ich glaube, daß der ganze Mist nur durch Stress entstanden (Termindruck, Überstunden, privater Ärger, Hochzeitsvorbereitungen - alles gleichzeitig) und daß ich vielleicht die Situation mit Ruhigertreten wieder normalisieren kann. Ich weiß, ich bin unvernünftig - aber den Termin hab ich ja schon. Ich wehr mich halt innerlich dagegen. In Bad Nauheim haben Sie gesagt, daß es bei mir voraussichtlich Verträglickeitskomplikationen geben wird, weil ich so dünn bin obenrum. Bislang hab ich immer gedacht, gut daß Du so dünn bist, Übergewicht ist ja auch nicht gut fürs Herz. Und jetzt das.

Mein Mann ist auch schon ganz fertig, aber ich kann mich momentan echt nicht am Riemen reißen. Ich hab immer gedacht, mit der Krankheit wirst Du alt und hast kaum Probleme. Ich hab da jetzt echt nicht mit gerechnet!
Schließlich hatte ich schon vorher mal Herzklopfen in Stresssituationen (z.B. Diplom-Zeit), die ich immer mit homöop. Aconitum-Kügelchen in den Griff bekommen habe.

Kann mir einer sagen, ob es vielleicht besser ist, den Defi in den Bauch zu setzen? Wie ist es dann mit Schwangerschaft?
Wo seid Ihr, junge Defi-Träger? Gibst's noch mehr Cardiomyphatien hier?

Bin für jedes aufbauende Wort dankbar!
Liebe Grüße,
Simone

Re: HNOCM - Defi jetzt schon?

#2
Hallo Simone,
ich schätze, Du machst Dich momentan zu einem gewissen Teil selbst verrückt. Aber das ist in der Situation leider normal, damit gehörst Du zum Club, dass haben die meisten von uns durch da sich die Lebensplanung vollständig ändert. Das heisst aber nicht, dass sie sich verschlechtern muss, Du musst Dich nur mit ein paar neuen Gegebenheiten arrangieren. Die meisten von uns leben sogar bewusster und genießen es mehr.

Deine momentane Situation mit dem Horrorstress ist allerdings tatsächlich Gift für Dich. Von dem Trip solltest Du schnellstens runter sonst landest Du bald im Krankenhaus - wenn Du Glück hast. Wie kürzlich hier schon ein Mitglied schrieb - nicht jeder Körper verträgt einen Workaholic.

Ob Du schwanger werden darfst, fragst Du am besten einen Facharzt, der sich mit Deiner Grunderkrankung auskennt - hier im Forum sind ein paar Beiträge, dass eine Schwangerschaft normalerweise kein Problem sein sollte, mit etwas Vorsicht, eventuell musst Du einen Kaiserschnitt in Kauf nehmen. Ein Arzt, der die dumme Frage stellt, ob man das einem Kind antun wolle, sollte sich einen anderen Job suchen - mit so einer Äußerung hat er ganz klar seinen Beruf verfehlt.

Ohne einen Defi wirst Du vielleicht gar nicht mehr Auto fahren dürfen - Mit Defi (sofern Dein Herz stabil arbeitet) ist das nach einem halben Jahr wieder erlaubt.

Der Defi ist unangenehm, unbequem, lastig, ein Freund der einem sogar weh tun kann. Aber die Alternative könnte der Tod sein. Und dann könntest Du Dich um ein Kind gar nicht kümmern.

Kurzum: Mit Defi lässt es sich schon sehr gut leben :-)

Gruß
Thorsten



Re: HNOCM - Defi jetzt schon?

#3
Hallo Simone,
es gibt für dich nur eine einzige Alternative, nämlich, dich mit der Implantation eines Defi vertraut zu machen. Ich bin zwar kein junger Defi-Träger mehr ( 64 Jahre ), habe aber auch eine DCM nach überstandenem Hinterwandinfarkt und gleichzeitiger Mtralklappen-Insuffizienz sowie begleitendendem insulinppflichtigem Diabetes.
Als all di9es vor 3 1/2 Jahren diagnostiziert wurde, dachte ich auch zuerst, das wars dann. Aber dann wurden mir nach den beiden Herzkatheter-Untersuchungen die Möglichkeiten und Chancen eines Defis
klargemacht und von mit letztlich auch so verstanden und angenommen:
ohne Defi lebst du auf einem Pulverfass, das zu jeder Zeit ohne Wiederkehr hochgehen kann. Mit Defi hast du eine sehr gute Lebensversicherung, die sich im Alarmfall, sprich Kammerflimmern, sehr robust mit einem Schock meldet und dich am Leben erhält. Ich habe die Philosophie des Herstellers meines Defis angenommen, die da lautet:" Mein Doktor und ich haben entschieden: Der Himmel kann warten!"

Du musst also versuchen, dem ganzen etwas Positives abzugewinnen. Eine andere Alternative gibt es nicht. Ich weiss, es gibt eine Menge dummer Sprüche in Bezug auf Durchhalten und Annehmen und nicht Verrücktmachen. Das alles muss sich in deinem Kopf abspielen und du musst darüber reden.

Ich wünsche dir alles Gute und viele liebe Grüße
Heinz



DCM, Mitralklappen-Insuff. Grad II, KHK m. RCA-Verschluss, Hinterwandinfarkt, Pulm. Hypertonie, Diabetes mell. Typ 2, ICD-Implantation 07.08.03 (Guidant Ventak Prizm 2DR Mod. 1861 ), Spondylosis deformans, Gonarthrose bds.
Seit 16.08.06 diagnostiziert: grauer Star links, OP. Rechts beginnend.

DCM, Mitralklappen-Insuff. Grad II, KHK m. RCA-Verschluss, Hinterwandinfarkt, Pulm. Hypertonie, Diabetes mell. Typ 2, ICD-Implantation 07.08.03 (Guidant Ventak Prizm 2DR Mod. 1861 ), Spondylosis deformans, Gonarthrose bds.,
Katarakt-OP bds.. Coxarthrose bds., grauer Star OP bds. am 10.09.10 neuer Defi ( St.Jude V268 )Schwerbehinderung GDB 100, Merkzeichen aG u. B
Vom 28.06.09 - 01.09.09 ( 10 Wochen ) wg einer infizierten Fußnekrose in verschiedenen Kliniken. Rollstuhl!

Re: HNOCM - Defi jetzt schon?

#4
Hallo Simone,
ich bin 53 Jahre und trage seit Mai 06 einen Defi.Ich hatte keine Zeit mir lange gedanken zu machen v.wegen Defi Ja oder nein.Ich hatte auf Grund meiner Herzschwäsche Wasser in der Lunge und starke Atempropleme.Wurde zuerst auf Lungenentzündung behandelt.Dann wurde bei einer Röntgenkontrolle gesagt mein Herz sei um 2 cm gewachsen,dann EKG,Krankenhaus, viele Untersuchungen dann wurde gesagt Defi als Lebensversicherung oder ???????
Ich habe mich für den Defi entschieden.
Fahrverbot bekam ich nicht.
Gruß Sigrid

Re: HNOCM - Defi jetzt schon?

#5
Hallo Thorsten,
vielen Dank für die aufmunternden Worte. Du hast mit Sicherheit Recht, allerdings kann ich mich momentan ganz miserabel selbst beruhigen. Im mir kreisen tausend Gedanken und ich hab so viele Fragen, daß ein Arztgespräch dafür nie ausreichen würde.
Ich fühl mich einfach zu schlecht (will heißen: zu kurz) beraten, um sagen zu können - Na gut, dann macht mal.
Auf die Frage zur Schwangerschaft z.B. ist noch die beste Anwort, die ich bekommen habe: Dazu gibt es keine Erfahrungen, das können wir Ihnen nicht sagen. Jedenfalls habe ich für November einen Termin für eine genetische Beratung bekommen, das hätten wir allerdings nicht gemacht, wenn jetzt nicht diese Verschärfung der (Krankheits-) Situation eingetreten wäre. Schließlich bin ich bislang gut klar gekommen.

Mein Hauptproblem ist einfach, daß ich gerade das untrügliche Gefühl habe, in meinem Leben wird nachher nichts wie vorher sein. Beispiel Funkmaste: Auf dem Gebäudedach direkt neben meinem Büro (50m) sind mehrere Mobilfunkmaste installiert, neben unserer Wohnung ebenfalls (Entfernung vielleicht 150m), und sogar ca. 200m vom Stall entfernt steht ein E-Plus-Mast. Wenn ich zu solchen Einrichtungen 300m Abstand halten soll - wie soll das gehen? Was ist z.B. mit Drahtlosnetzwerk-Empfangsstationen für Internet im Wohnzimmer? Geht das?

Warum kann man keine Batterie des Defis von außen aufladen (geht doch bei Schrittmachern, oder?), sondern alle paar Jahre wieder unters Messer?
Wie siehts mal aus mit einem Belastungs-EKG, warum macht das keiner?
Ich hab durch die ganzen Medikamente voll niedrigen Blutdruck und muss beim kleinsten Berg japsen - der Defi hilft mir ja nicht im geringsten gegen irgendwelche Beschwerden - im Gegenteil, ich krieg gratis noch welche dazu! Laut den Ärzten muss ich mich an Herzstolpern, Japsen und das Gefühl, ständig mit zwei Sandsäcken oder angezogener Handbremse durchs Leben zu laufen, gewöhnen. Wie macht man das bitte?

Wie ist das mit den Medikamenten? Meine Mutter nimmt (mit Defi, mit der selben Grunderkrankung) Bisaprolol 5 mg ein (0,5 Tablette am Tag). Ich hab jetzt dieses Beloc Zoc Mite (oder so ähnlich, hab nur das Generikum), da sind von dem Wirkstoff 47,5 mg drin und ich nehme 2 x 0,5 Tablette.
Wenn ich den Beipackzettel lese, hab ich den Eindruck, das mein Medikament das stärkere ist, oder ist vielleicht der andere Wirkstoff heftiger und dafür geringer dosiert? Warum darf ich keinen Alkohol trinken (laut Beipackzettel) und beim Bisaprolol darf man das schon? Gerade bei dem schönen Wetter, ich hätte mal so Lust auf ein Radler...

Sorry - Ich weiß, ich bin ein Jammerlappen, aber ich muss mich einfach mal ausschütten. Meine Familie hat meine schlechte Laune schon total satt und Freunde / Bekannte / Kollegen, die zufällig mitbekommen haben, ist es offenbar peinlich oder unangenehm - die gucken teilweise echt lieber unter sich als mal nachzufragen, was es damit jetzt genau auf sich hat.
Ich bin echt total fertig, muss ständig heulen, weiß überhaupt nicht, was ich machen soll. Am liebsten würde ich den Termin absagen. Ich glaub, bei den Ärzten bin ich nur ne Nummer - so nach dem Motto, der verpassen wir sicherheitshalber nen Defi, dann sind wir mit unserer Berufsverantwortung auf der sicheren Seite...
Ich würd mich freuen, wenn sich noch mehr Leute melden können...Gibt's Reiter unter Euch? Oder Cardiomyopathie'ler?

Grüsse, Simone

Re: HNOCM - Defi jetzt schon?

#7
Liebe Simone,
ich wurde auch gar nicht vor die Wahl gestellt: Kammerflimmern mit 42(tat wirklich nicht weh...),rechtzeitige Reanimation und Implantation eines Defis im letzten Jahr.
Grunderkrankung:KHK mit Stentimplantation
Ich bin, wie viele hier, in psychotherapeutischer Behandlung, habe ähnliche Ängste wie alle hier und lebe gerne,- wie die meisten hier;-))
Ich habe auch viele Fragen zum Defi gehabt,- viele sind nicht beantwortet und viele beantworten sich von selbst weil ich den Defi eben habe.
Ich versuche meinen Weg,- und das ist nicht nur diese Krankheit- , gerne zu gehen, das macht mich aus, das bin ich.
Für mich ist (fast;-))jeder Tag ein Geschenk, das habe ich auch dem Defi zu verdanken, der wird aber auch geschont!
Sich gegen das Schicksal zu stellen heißt leiden, hadern, sich stressen, genau das, was das Herz nicht mag!
Ich nehme auch Concor was mich müde und dick werden läßt, aber es schont mein Herz - und es ist ok.
Mein Yogalehrer hat mir gesagt: Krankheit ist ein Geschenk, Du kannst Dein Leben bewußt leben, - er hat recht.
Hol`Dir therapeutische Hilfe, Dein Umfeld kann das nicht leisten, Du mußt stark werden damit Du denen die Dich lieben helfen kannst!
Und wenn Du mit dem Kardiologen oder dem Krankenhaus nicht zufrieden bist! Manchmal ist denen gar nicht bewußt wie sie mit den Patienten umgehen und haben plötzlich Zeit.
Du schaffst das!!
Alles Gute
Christine

Re: HNOCM - Defi jetzt schon?

#9
Hallo Ihr alle!
Vielen Dank für die vielen Antworten, auch für die netten Nachrichten in der Mailbox! Thorsten und Tom, auf Euer Angebot komme ich bestimmt noch zurück, ich brauch gerade nur noch ein bißchen Zeit.

Den Unterschied zwischen dem Großteil der Forumsbenutzer und mir sehe ich momentan darin, daß viele aufgrund schlimmer Beschwerden und Beeinträchtigungen gar keinen Entscheidungsspielraum - Defi ja oder nein - hatten. Oder zumindest die Entscheidung durch akute Not leichter gefallen ist. Momentan habe ich so gut wie keine Beschwerden (außer, ich denke gerade über den Defi nach). Ein Professor meinte zu mir, ich müsste es selbst entscheiden. Er wüßte nicht, was er seiner Tochter unter diesen Umständen geraten hätte. (Rein rechtlich darf er natürlich nicht sagen, ich bräuchte keinen Defi.)

Zwei Fragen sind immer noch offen, eine Beantwortung wäre mir sehr wichtig:
1. Pille und Defi - Ist die Verhütung mit der Pille noch möglich?
Trombosegefahr?
2. Implantation an anderen Körperstellen außer unterhalb Schlüsselbein?
Bauchraum? Andere? Gibt's damit Erfahrungen?

Liebe Grüße,
Simone



Re: HNOCM - Defi jetzt schon?

#10
    Zitat: Simone
    Zwei Fragen sind immer noch offen, eine Beantwortung wäre mir sehr wichtig:
    1. Pille und Defi - Ist die Verhütung mit der Pille noch möglich?
    Trombosegefahr?
    2. Implantation an anderen Körperstellen außer unterhalb Schlüsselbein?
    Bauchraum? Andere? Gibt's damit Erfahrungen?

    Liebe Grüße,
    Simone



Hallo Simone,

ich habe gerade einfach mal den Gyn-Doc meiner Frau (Sie trägt keinen Defi) und meine Kardiologen angerufen. Beide kennen keinen Fall wobei es mit der Pille und dem Defi nicht klappen sollte. Die Verhütung der Pille ist ergo weiter gegeben und der Defi wird auch bei Einnehme der Pille seinen Dienst tun!

Implantationen des Defis im Bauchraum wurden früher gemacht und wenn der Doc meint das er den Defi in deinem Fall, durch dein zierliches Erscheinungsbild bedingt, dort implantieren will wird er es auch tun. Du musst dich diesbezüglich einfach mit ihm zusammensetzen.

Allerdings sind die Defis mitlerweille so klein und flach gehalten das der Sitz oben in der Schulterregion fast nicht mehr auffällt. Was man von der Narbe natürlich nicht sagen kann. Das ist meines Erachtens auch ein Problem was viele Frauen haben (muss bei dir ja nicht zutreffen!)

Wenn du weitere Fragen hast, nur zu! Denn hier werden Sie geholfen.

Du siehst, auch mit Defi ist uns der Schalk nicht verloren gegangen und das wird auch dir mit Sicherheit so ergehen.