Verpasstes Leben

#1
Hallo!

Im November war ich in Peru und hatte dort Kammerflimmern mit Defieinsatz, von dem ich gar nichts gemerkt habe, weil ich vorher bewußtlos war. Dem zu Folge bin ich zu Hause auch nicht zum Defiauslesen gewesen. Ich bin ziemlich heftig gestürzt und auf dem Boden wieder zu mir gekommen.. Vor der Defiimplantation bin ich 1987 und 2005 reamieniert worden. Zufällig befand ich mich beide Male im Krankenhaus. 2005 wurde mittels Test Brugada festgestellt. Zwischen 1987 und 2005 bin ich sicher an die 20x aus unerklärlichen Anlässen bewußtlos zusammen gebrochen, war aber deswegen auch nie beim Arzt, weil ich immer vo selbst am Boden wach geworden bin. Am 19.3.08 ist mir beim Fahrradfahren auf einmal so komisch geworden, schwindelig. Ich bin vom Fahrrad gesprungen(fahre täglich mindestens 25 Km ), bekam aber Angst mich hinzusetzen, weil ich dachte, jetzt geht`s wieder los. Ich bin dann auf und ab gerannt, bis das Gefühl vorbei war. Sonst kippe ich um ohne vorher etwas zu merken. In 2 Wochen muß ich sowieso zum Defi auslesen. Kennt ihr so ein Gefühl ? Außerdem beschleicht mich die Angst mein Leben zu verpassen und alles, was ich noch tun will nicht mehr zu schaffen, dabei hatte ich nie Probleme mit der Defiimplantation. So einen Abenteuerurlaub wie in Peruauf eigene faust ohne Reiseleiter, darf ich laut Klinik auch nicht mehr machen, und wer weiß, was ich sonst noch verpasse. Indien und Afria fehlt noch, sonst bin ich einmal rund um die Welt gereist. Ich bin 56 Jahre alt und hatte mit 38 Jahren Darmkrebs, so schlimm, daß ich schon aufgegeben worden war. Da habe ich mir geschworen, daß, wenn ich aus dem Krankenhaus heraus komme, es keine Grenzen mehr für mich gibt. Nun greift schon wieder etwas in mein Leben ein und bremst mich. Entschuldigt, wenn ich Euch gelangweilt habe, aber ich mußte mir das doch einmal von der Seele schreiben.
Maria

Re: Verpasstes Leben

#2
Hallo Maria , auf alle Fälle hast Du keine Angst ,und das finde ich sehr bemerkenswert.Wenn man das ohne Beschwerden alles machen kann bin ich der Meinung soviel Elan und Lebenswille muß durch einen zuverlässigen Defi belohnt werden. Du bist das Gegenteil zu den Menschen die sich im Kämmerlein verkriechen und warten das es ,, losballert" Also Augen zu und durch , man lebt ja noch. Gruß Jörg



Re: Verpasstes Leben

#3
Hallo Maria,

also ich finde, dass ist schon beträchtliches was Sie leisten und geleistet haben. Ich kann aus den Zeilen nicht im geringsten rauslesen, was da eventuell noch nicht gelebt sein sollte oder gelebt werden kann. Afrika und Indien rennen ja nicht weg! Und Sie sind noch jung. Es sind kämpferische und hoffnungsvolle Töne, auch wenn der Zweifel Sie begleitet.
Sie können Stolz auf sich sein!

Viel Glück und Mut bei Ihren weiteren Unternehmungen,

Hüseyin Yildiz



Re: Verpasstes Leben

#4
Hallo Maria,
spontan fiel zu Deinem Text ein:
"Leben ist das was passiert während Du dabei bist, andere Pläne zu machen."
John Lennon
Komm mal runter, (sorry) Du hast schon sooo viele Leben bekommen, was denn noch???
Und wer oder was ist die Kritik, die Dir das "riskante" Reisen verbietet?
Wenn es Dir so wichtig ist, dann mach es doch einfach!
Alles Gute:-))
Christine

Re: Verpasstes Leben

#5
Hallo Maria,

meiner Meinung nach trifft Christine genau den Punkt: Du kannst momentan das Leben, welches Dir schon mehrmals geschenkt wurde, nicht genießen, weil Du damit haderst, daß Dir Dein unzulänglicher kranker Körper (Herz) ab und zu den Dienst verweigert und sich Dein Freigeist wegen dieser Unzulänglichkeit Deiner Meinung nach nicht entwickeln kann. Du tust Dir selbst mit dieser Einstellung keinen Gefallen.

Du setzt Dich unter Druck, obwohl du doch auch schon so viel gesehen und unternommen hast. Du bist unzufrieden, weil Du beim Sport nicht mehr was weiß ich 60 kg drücken kannst, sondern vielleicht nur noch 50 kg - aber was ist denn an Deinem Status Quo so schlimm, daß Du dermaßen damit haderst?
Du kannst noch ganz viel in Deinem Leben schaffen, aber es geht doch auch eine Spur langsamer? Jeder hier im Forum muß jetzt kleinere Brötchen backen, als früher aber wichtig ist doch, daß man überhaupt noch backen kann.

Ich will Dich weder beleidigen noch vor den Kopf stoßen, aber jeden in meinem Freundes- und Bekanntenkreis würde ich schütteln, hätte er Deine Lebenseinstellung. Weil man durch diese Einstellung tatsächlich vergißt, zu leben und die vielen schönen Dinge, die das Leben bietet, einfach nicht mehr gewahr wird.
Du hast doch ansonsten körperlich die besten Voraussetzungen, das umzusetzen, was Du Dir vorgenommen hast. Hier im Forum wäre mancher froh, wenn er diese körperlichen Voraussetzungen hätte, womit ich Deine Krankheit in keinster Weise abwerten will. Aber wer hier hat eigentlich noch einen so leistungsfähigen Herzmuskel, der solche Dinge erlauben würde? Mein ungebetener Rat: freu' Dich an dem, was Du noch kannst und das ist doch einiges. Ich schätze Dich eigentlich als sehr willensstark und diszipliniert ein und damit ausgerüstet kann man dochtatsächlich sehr viel erreichen und machen.

Gruß Carmen

Re: Verpasstes Leben

#6
Also, ich würde Maria's Leiden nicht damit relativieren, dass es anderen Menschen gesundheitlich schlechter geht, da können Defi-Träger insgesamt aufatmen, weil sie eine Chance haben zu überleben, was nicht heißt, dass sie nicht unter der Situation leiden.

Ich verstehe Maria so, dass es das grundsätzliche Gefühl ist, sein Leben nicht so Leben zu können, wie man es möchte und wenn es auch nur bedeutet auf der Couch zu liegen und Chips zu essen, während man einen guten Film sieht und dass in Ruhe und ohne nächsten Defi-Kontroll-OP-Termin. Das heißt doch nicht, dass man nicht akzeptiert krank zu sein.

Und bei so etwas unkonkretem wie Brugada (wenn ich mich da nicht irre - da man auf ein mögliches Herzversagen in der Zukunft einen Defi verpasst bekommt), darf man doch mal melancholisch sein und mit seinem Schicksal hadern.

Viele Grüße,

Hüseyin Yildiz



Re: Verpasstes Leben

#7
Lieber Stern,
ich wollte Marias "Leiden" nicht relativieren. Ich wollte mal liebevoll schütteln!
Den Defi haben wir bekommen damit wir sorgenfreier leben können weil wir ein bißchen abgesichert sind!
Nun wird uns aber bewußt, wie zerbrechlich unser Leben ist und vor allem war!
Und das ist ein Phänomen das ich auch kenne! Plötzlich bekommt man so eine wehleidige Angst.(Obwohl man die doch ohne Defi hätte haben müssen..)
Dazu kommt auch das Alter,- man ist einfach nicht mehr so risikofreudig und spürt das.(Man könnte auch midlifecrisis dazu sagen,-)?) Und das hat nichts mit Defi speziell zu tun!
Und da ist es gut mal liebevoll geschüttelt zu werden, schließlich hat man geschworen sich am Leben zu freuen!
Und Carmen hat auch mal nett geschubst, auch dafür muß ein Forum gut sein, -Mitleid ist nicht immer das, was einem Defilianer hilft!
Herzliche Grüße
Christine

Re: Verpasstes Leben

#8
    Zitat: CoolLara
    Außerdem beschleicht mich die Angst mein Leben zu verpassen und alles, was ich noch tun will nicht mehr zu schaffen, dabei hatte ich nie Probleme mit der Defiimplantation. So einen Abenteuerurlaub wie in Peruauf eigene faust ohne Reiseleiter, darf ich laut Klinik auch nicht mehr machen, und wer weiß, was ich sonst noch verpasse.
Ich darf ganz ehrlich sein???
Carmen und Christine sprechen mir aus der Seele....!!!

Liebe Maria! Ich möchte Dich auch mal rütteln!
Ganz abgesehen davon, dass wir alle hier mehr oder weniger krank sind... DU hast Angst, Dein Leben zu "verpassen" ??
Ich denke mal, Du hast bisher ( und das auch trotz Krankheit ) schon mehr erlebt, als so mancher Gesunde! Ich sehe eine Krankheit, ein Leiden, ein Gebrechen auch als
Schicksal...sozusagen als Wink des Schicksals....Mag sein, dass da mein
Glaube eine ganz starke Rolle spielt! Ich habe - unter Außerachtlassung meiner Erkrankung - schon viele Schicksalsschläge erfahren....Immer und immer wieder musste ich auch zuvor meine für mich persönlich gesteckten Ziele ( u.a. auch das Bereisen ferner Länder ) hinten anstellen...Vor meiner eigenen Erkrankung wurde mein LG sehr schwer krank....habe für meine ( auch nicht kerngesunde ) Tochter da zu sein....Gehts mir wieder besser, dann gehts meinem LG wieder schlechter...usw....Durch das alles dreht man sich auch finanziell im Kreis...ABER ich will mich nicht beschweren, und schon gar nicht darüber, dass sich meine größten Träume mit meinen 47 Jahren immer noch nicht erfüllt haben...Sondern einfach nur dankbar sein - dafür, dass ich liebe Menschen um mich herum habe, dass ich mich auch an den kl. Dingen des Lebens noch erfreuen kann ( zusammen mit meinen Lieben )...und sollte es auch so sein, dass ich / wir all unsere Träume nicht mehr verwirklichen können sollten, irgendwann, dann sage ich trotzdem: Dieses Leben ist auch ohne die Verwirklichung der ganz gr. Träume/Lebensziele noch lebenswert ( gewesen )...Ich habe gelernt, einfach mit dem zufrieden zu sein, was ich habe.....( was mir ohne meine persönlichen Schicksalsschläge wohl nicht gelungen wäre - und ich glaube nicht, dass ich dann (noch) zufriedener geworden wäre )....
Das Leben besteht für mich nicht nur aus Reisen oder Erreichen sportlicher Höchstleistungen....
Warte doch einfach mal in Ruhe ab...und setz Dich durch das ständige Drüber-Nachdenken, was Du alles nocht NICHT erreicht hast, nicht so unter Stress, sondern erfreu Dich an dem, was Du schon erlebt und erreicht hast! Das wünsch ich Dir von ganzem Herzen!

LG Bibbi


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Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.
(Immanuel Kant)

Re: Verpasstes Leben

#10
Also, ich nehme hier mal eine andere Position ein:
Ich denke die „liebevoll schüttel“ Methode von Christine (so nett sie auch gemeint sei) und die „ich schüttel dich doller“ Methode von Bibi (so schlimm ihre eigene Geschichte auch ist) ist keine angemessene Antwort auf Marias Beitrag. Ist das jetzt eine „Schocktherapie“ für Maria, die eventuell neben ihren „verpasstes Leben - Ängsten" auch noch wahrscheinlich eine "Mitlifecrisis" haben soll, sich ganz schnell wieder zusammenzureißen?
Sich nicht zu beschweren? Dankbar zu sein? Geduldig alles über sich ergehen zu lassen? Ich finde es total legitim wenn man seinem „Schicksal“ ab und zu einen ausgetreckten Mittelfinger zeigen darf!

H.Yildiz



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