Brugada-Syndrom

#1
Hallo Leute,

mich hat heute die folgende Mail erreicht:

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hallo lieber thorsten,
ich als computer- und forumlaie habe es nun nach mehreren anläufen geschafft, eine mail zu verfassen. ich habe dich ausgewählt, weil du unter kontakt stehst und ich nicht wußte, wie der beitrag für alle zugängig geschrieben wird....
als erstes möchte ich loswerden, daß das forum für uns schon eine tolle bereicherung war und uns stellenweise schon helfen konnte. es tut gut zu wissen, daß man mit all diesen problemen nicht alleine ist.... macht weiter so.
mein mann ist seit einem halben jahr defiträger. er war 47 jahre als dieser implantiert wurde. mit diesem harten einschnitt in seinem leben versucht er nun zurecht zu kommen. ihr wißt ja selber, daß das überhaupt nicht einfach ist.
unser momentan größtes problem ist jedoch, daß man über die krankheit nicht viel weiß. die forschung läuft..... es ist ein gendefekt und hätte nicht ausbrechen brauchen, aber mein mann hatte dieses pech.
vielleicht wurde bei einem von euch auch die diagnose gestellt und kann uns weiterhelfen.
erschwerend kommt hinzu, daß man nicht weiß, worauf man meinen mann umschulen soll. er ist dachdecker und darf seinen beruf natürlich nicht mehr ausüben, zumal er schon einige schockabgaben erleben mußte. fahrverbot wurde ihm auch erteilt. nun sagt man uns, er dürfe nicht an laufenden maschinen arbeiten, nirgendwo wo sich ein elektromagnetisches feld aufbaut (z.B. PC), den linken arm soll er nicht über die schulter heben usw. da bleibt nicht mehr viel..... als was arbeitet ihr als defi-träger. sind die einschränkungen wirklich so gravierend?
ich würde mich freuen, wenn uns jemand helfen kann.
liebe grüße
iris

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kennt sich jemand aus ?

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Gruss

Thorsten



Re: Brugada-Syndrom

#2
Hallo Iris,

zu Deiner Frage bzgl. der Krankheit kann ich leider nicht beitragen aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, als Handwerker umschulen zu müssen. Fast alle Handwerlichen Berufe haben hochgradig potentielle Gefahrentätigkeiten die für Dich und andere auftreten können. Gleiches gilt für Maschinenbauer oder ähnliches. Bedenke: wenn uns schwarz vor Augen wird, weil der Blutdruck aufgrund des Herzfehlers wegsackt, haben wir ein paar Sekunden nicht die geringste Kontrolle über uns bis der Defi uns wieder zurückholt. In dieser Zeit kann verdammt viel passieren.

Zu dem Thema mit den elektrischen Feldern kann ich bestätigen: Maschinen mit großen Elektromotoren oder Elektroschweißgeräte sollte Dein Mann meiden. Diese elektromagnetischen Strahlung ist zu groß und könnte den Defi deaktivieren.

Das er mit einem PC nicht arbeiten kann ist allerdings Quatsch. Moderne PC' s bzw. deren Monitore sind strahlungsarm. Selbst für PC's aus den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ist die Aussage sie würden so doll strahlen, dass sie den Defi abschalten, sehr fragwürdig. Und solche Dinger sind nur noch in den seltensten Fällen im Einsatz.

Die Bewegungsfreiheit mit dem Arm kann er wieder trainieren, die Kabel müssten lang genug sein. Er sollte es nur nicht ruckartig machen sondern seine Bewegungen langsam erweitern und sich langsam daran gewöhnen.

Was noch bleibt hängt von ihm selbst ab. Ich genieße mein Leben trotz einiger Einschränkungen jetzt mehr als vorher. :-)

Gruss
Thorsten



Re: Brugada-Syndrom

#3
Hallo Iris
bei mir wurde das Brugada-Syndrom einwandfrei festgestellt. Daraufhin hat man mir einen Defibrillator implantiert.
Das Brugada-Syndrom ist eine genetische Erbkrankheit und wurde erst 2003 als Herzkrankheit aufgenommen. Die Krankheit ist unheilber und der Defi ist die einzigste Möglichkeit, den Tod abzuwehren. Sie bewirkt den plötzlichen Herztod, bei dem bisher keine Ursache festgestellt werden konnte.
Es ist unbestritten, dass Patienten mit Brugada-Syndrom durch lebensbedrohliche ventrikuläre Tachyarrhythmien oder einen plötzlichen Tod gefährdet sind. Antiarrhythmika wie Amiodaron oder Betablocker sind hinsichtlich der Prävention eines plötzlichen Todes bei symptomatischen oder asymptomatischen Patienten mit Brugada-Syndrom nicht effektiv, sodass der implantierbare automatische Defibrillator zum jetzigen Zeitpunkt die einzig wirksame therapeutische Alternative ist.

Die Verhaltensweise ist wohl die gleiche, wie bei jeder anderen Krankheit, bei der ein Defi eingesetzt wird.
Vielleicht konnte ich ein wenig helfen.
Liebe Grüße
Heiner


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2. Defi: Lumax 340 VR-T XL BIOTRONIK Elektrode: Linox Smart S 65 BIOTRONIK mit Cardio Messenger - Mobil

1. Defi: Ela Alto 2 VR 625 Elektrode: Ela Swift 2 CT

Re: Brugada-Syndrom

#4
Lieber Thorster, lieber Heiner
ich möchte euch, auch im namen meines mannes, für die rasche antwort recht herzlich danken.
Lieber Heiner, was machst du denn beruflich, wenn ich das mal fragen darf? mein mann ist seit 33 jahren durch und durch handwerker und es ist für ihn ein graus, wenn sie ihn ins büro schicken wollen. hast du vielleicht eine zündende idee?
liebe grüße
iris

Re: Brugada-Syndrom

#5
Liebe Iris,
auch ich war früher Handwerker - sprich Berufsfotograf. 23 Jahre selbständig, bis das Brugada-Syndrom immer wieder zum Vorschein kam. Dann folgten 33 Ärzte, 7 Krankenhäuser - ich wurde als Hypochonder abgestempelt, da keine Ursache der Symptome ersichtlich war. Das Studio mußte ich schließen, nahm dann eine Stelle als Vertriebsassistent im Büro an, bis auch diese Firma schloss. Ich wurde dann arbeitslos und schließlich erwerbslos. Heute bin ich belastbar wie ein Kleinkind - und durch die Komplikationen der Defi-OP zu 100% behindert. Meinen früheren Beruf kann ich wohl nie mehr ausüben. Jetzt betätige ich mich auf dem Gebiet der alternhativen Medizin, was zwar kein Geld bringt, mich aber ausfüllt. Finanziell bin ich von meiner Frau abhängig, die ein gutes Einkommen mit nach Hause bringt.
Wenn Dein Mann einen Defi hat und es keine Komplikationen gab, müßte er doch weiterarbeiten können, sofern er nicht gerade Autoschlosser, Schweißer oder einen ähnlichen Beruf mit schädlichen Maschinen ausübt.
Leider konnte ich keine günstigere Antwort geben. Aber etwas beschönigen, was nicht ist, hat auch keinen Sinn und nützt niemandem.
Liebe Grüße
Heiner


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Re: Brugada-Syndrom

#6
Lieber Heiner, liebe Iris und andere "mit Erfahrung"!

Ich lebe seit ein paar Wochen mit der Brugada-Diagnose und mit einem medtronic-Defibrillator, bin sehr interessiert an einem Austausch darüber. Immerhin schon 65 Jahre alt, also ohne die beruflichen Probleme, die Ihr erwähnt.
Ich lebe jetzt mit meiner italienischen Frau in Trient, Norditalien, und wollte eigentlich meinen "Lebensabend" mit Bergwanderungen anreichern. Sense damit, erstmal jedenfalls: Vor einem 3/4 Jahr traten Arrhytmien auf, die ich zuerst gar nicht ernst nahm. Als es sich steigerte, behielt man mich kurzerhand hier für 14 Tage in der Kardiologie, Diagnose "Typ-2-Brugada"; Defibrillator-Einbau.
Vielleicht hätte man ihn abschalten sollen, bis die chemische Dämpfung griff: Am gleichen Abend legte er los und verpasste mir 10 scheußliche Schläge. Ich lese beruhigt, dass das auch andere längerfristig traumatisiert. (Schreckhaftigkeit zum Beispiel.)
Eigentlich hoffe ich noch, dass sich "Brugada" als Fehldiagnose herausstellt: Ein Leben lang mit dieser Bombe in der Brust und den sehr starken Blutdruck senkenden Medikamenten (Chinidin, Betablocker, ACE-Hemmer...)?? Muss ich wohl akzeptieren lernen. Hier interessieren mich die Erfahrungen von Heiner. Überhaupt: Wie es bei Euch anfing.

Soweit erstmal; Ferdinand

Re: Brugada-Syndrom

#7
Lieber Ferdinand
gut, daß es dieses Forum gibt. Denn das Brugada-Syndrom ist wohl eine nur sehr selten diagnostizierte Krankheit. Zumindest in den beiden Kliniken, in denen ich zuletzt war, trat diese Krankheit das erste Mal auf. Und das, obwohl die eine der Kliniken eine weltweit anerkannte Klinik für Herz- und Gefäßkrankheiten ist. Und das brachte EKG's am laufenden Band mit sich - jeder Kardiologe oder Arzt wollte ein eigenes EKG für seine Unterlagen...lächel.
Dann folgte der Einbau des ELA Alto 2 mit der weltweit neuen Elektrode Swift 2CT, der genauere Signale empfängt als die bisherigen Geräte und durch die 3 Sonden mit 2 Schockwandlern mit geringeren Schockstößen auskommt. Vielleicht daher hatte ich noch keinen Schockauslöser, allerdings trat der Defi des öfteren in Aktion, um die Herzfrequenz wieder in Normalität zu bringen.

Hat man bei Dir eine Elektrophysiologische Untersuchung (auch Ajmalin-Test genannt) durchgeführt? Die Untersuchung ist ähnlich der Herzkatheter-Untersuchung, nur werden 3 Sonden eingeführt und es wird ein Medikament intravenös zugeführt und das Herz bis zum Flimmern gebracht, was eine exakte Diagnose des Brugada-Syndroms ermöglicht.
Auch ich leide unter sehr starkem Bluthochdruck (anfangs 230 zu 119), der kaum in den Griff zu bekommen ist. Meine Medikamente sind: Delix 5 plus 1-0-0, Bisoprolol 5 1-0-1 (Betablocker), Delix 5 0-0-1, Verapamil 240 1-1-0 und Septacord 0-1-0.
Die Belastbarkeit ist fast auf 0 gesunken. Schon kurze Wege von ca. 500 Metern machen mir schwer zu schaffen. Dazu die Komplikationen bei der OP. Sie machten mich vollens zum Wrack. Manchmal denke ich, daß es vor dem Wissen um diese Zeit-Bombe und ohne den Defi ein angenehmeres Leben war. Ich wußte nichts von Brugada und hatte keine Angst vor dem Tode.
Jetzt weiß ich zwar, daß ich den "plötzlichen Herztod" nicht mehr fürchten muß, aber das Leben hat auch viele Reize verloren. Ich muß neubeginnen, um dem Leben lebenswertes abzugewinnen. Nichts ist mehr so, wie es war. Aber aufgeben tue ich nicht. Nächstes Jahr werde ich 60 Jahre und habe vor, noch lange zu leben.
Packen wir's an. Es gibt viel zu tun.
Liebe Grüße
Heiner


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Re: Brugada-Syndrom

#8
Lieber Heiner,
danke für Deine schnelle Antwort. Ja, es ist gut und wirklich verdienstvoll, dass dieses Forum eingerichtet wurde. (Wem ist das zu verdanken?)
Die Gebrüder Brugada also... Ein deutscher Kardiologe, dem ich meine EKGs schickte, bezweifelt die Diagnose, meint aber einen Defibrillator hätte ich auf jeden Fall gebraucht. Eine elektrophysiologische Untersuchung wurde noch nicht gemacht. Man meint wohl, wenn das einschlägige Medikament wirkt (hier schwören sie auf Chinidin), wird es schon stimmen?
Mein Blutdruck war überhaupt nur "grenzwertig", 140/95 vielleicht, lange nicht so hoch wie bei Dir; jetzt ist er medikamentös auf ca. 90/60 eingestellt, bei 45/min Puls, und das schwächt mich doch sehr.
Mich würde interessieren, wie das bei Dir anfing.
Bei mir waren es einfach Benommenheiten, die mich ca. eine Stunde zu Boden streckten, gerne auf Bergwanderungen. Lästig, aber nicht eigentlich unangenehm. Jedesmal hätte Flimmern und Stillstand daraus entstehen können, heißt es nun. Aber weiß mans? Vor dem Schock habe ich zur Zeit mehr Angst als vor dem ... Nein, vertiefen wir das lieber nicht!
Schönen Gruß, Ferdinand

Re: Brugada-Syndrom

#9
Lieber Ferdinand,
es gibt eine untersuchungsmöglichkeit, mit der sich die diagnose brugada 100%tig feststellen läßt. Es wird dir in zeitabständen von 2-5 Minuten intravenös Ajmalin gespritzt, paralell dazu wird eine EKG-Ableitung gemacht. Solltest du an dem brugada-syndrom erkrankt sein, wird so künstlich die herzrythmusstörung ausgelöst. leidest du nicht darunter, passiert nichts!!!! Das ajmalin ist in einer halben stunde vom körper abgebaut und das war es. ich habe diesen test im frühjahr mit meiner 6-jähigen tochter durchführen lassen, um zu sehen, ob sie die krankheit geerbt hat.
es ist seltsam, daß man diesen so sicheren test mit dir nicht durchgeführt hat!?! Bei der familie meines mannes wurden die test´s sogar ambulant bei einem kardiologen durchgeführt.
liebe grüße
iris