Bericht meiner OP und ein wenig drumherum.

#1
Nach einer diversen EKG`s, Ultraschalls und einer Katheteruntersuchung Anfang Juni stand fest, Heinz, bei deinem kompletten Linksschenkelblock und einer EF von 28 kann man dir nur mit Kardialer Resynchronisationstherapie helfen, Du bekommst also einen AICD mit biventrikulaerem Schrittmacher verpasst.

Es begab sich also das ich mich am 2.7. wie 4 Wochen vorher beim Herzkatheter vereinbart um 09:00 auf der Station einfand.
Visite war gerade im vollen Gange… warten Sie bitte noch ein wenig.
Andere kamen dazu….und warteten.
Halb 10, 10, halb 11. Leute die nach mir gekommen waren wurden schon auf die Zimmer geleitet, ich wartete.
Um 10:45 kam dann endlich eine Schwester und zeigte mit mein Zimmer im 1. Stock.

Ja, es war unklar ob das Bett ueberhaupt frei wurde weil der Quick-Test vom Vorlieger wohl noch nicht vorlag. 2 Mann Zimmer, sonnig, allerdings kein WC. Aufnahmebogen, Blut abzapfen, Gespräch mit der Stationsärztin, EKG folgten. So, dann wird Sie der Chirug wegen der morgigen OP dann gleich noch aufsuchen.
Zwoelf Uhr. OK, warten wir dann halt auf dem Zimmer. Es gab Mittagessen, Kaffee und die Zeit lief und lief. Zwischendurch mal raus aus dem Zimmer und im Flur hingesetzt. Nix. Nur noch eine Schwester in weiss, sonst nix was interessant fuer mich waere. 17:00 Abendessen. 2 Scheiben Brot, 2 Scheiben Wurst, 2 Scheiben Kaese und Pfefferminztee. Super, hatte ich nicht etwas von Currywurst, Pommes und Majo im Hinterkopf. Damit also der Teller nicht nach 2 Minuten leer ist doch tatsaechlich das Brot mit Messer und Gabel operiert.
Um 18:45 kam dann endlich der Weisskittel mit seinem Patienteninformationsbogen und erzaehlte mir dann meine moeglichen Todesarten bei der OP und schockte mich mit der minimalen Dauer von 2 ½ Stunden. Boff, ich hatte mal `ne Stunde eingeplant. Und da das ganze ja trotz der Laenge nur mit lokaler Betaeubung abgeht warnte ich ihn schon einmal vor das ich so lange nicht schmerzfrei auf dem Rücken liegen kann. Ok, mein Todesurteil unterschrieben. „und wann komm ich morgen dran ?“ „ Sie kommen um 8:00 in den OP, ich komm dann um 14:30 nach“ Ha, ha, very lustig. Er verordnete mir noch 2 „angebliche sage ich einmal“ Schlaftabletten. Eine koennte ich heute Abend nehmen, und eine vor der OP, dann wuerde ich eh nix mitbekommen. Pustekuchen sage ich nur schon einmal im Voraus.
Um 21:00 wurde dann noch ein dritter Patient aufgenommen.
Der wurde dann einfach an die Wand unter den Fernseher verfrachtet.
Einschiebeplatz. Da gab es dann gerade einmal eine Steckdose, Licht, und einen Schwesterklingelknopf. Noch nicht einmal Telefon.

Na ja, die Nacht kaum gepennt und um 6:30 stuermte dann schon die Hattensiegesternstuhlgangbrigade auf das Zimmer. Ich sollte das Zimmer nicht verlassen bis ich irgendwann abgeholt wuerde. Man wuesste aber nicht wann. Ich erzaehle einen von der 8 Uhr Vereinbarung, man schaut in den Computer. Ja, heute waere geplant, aber es ist kein OP und erst recht keine Uhrzeit eingetragen. Super, tolle Planung.
OK, ich wurde aber dann doch so abgeholt das ich im 8 auf dem Foltertisch lag. Linker Arm gefesselt, Zugang in der rechten Hand. Als Folterknechte waren dann so nach und nach anwesend: Eine OP-Schwester ( gibt eigentlich auch Brueder ? ) ein Chirug, ein Kardiologe und eine Dame von Medtronic mit einem Koefferchen voller Kabel und Sonden.
Ich wurde dann verschleiert und sah ab dann nur noch die OP Decke wenn ich nach rechts oben blickte. Sonst nur gruene Tuecher. Autsch, der Chirug setzte die Lokalnarkose im linken oberen Brustbereich. Mit vorheriger Ankuendigung. Das war aber auch das einzige was er zu seinem Job erzaehlte, und ich hatte keinen Bock zu fragen. Dann hoerte ich irgendwann ein knistern und zischen.
Ich hatte mich ja 4 Wochen lang im Internet vorgebildet und mir war dann klar, aha, du bist jetzt schon aufgeschlitzt und und er formt schon die Gewebetasche fuer meinen Funkenschlaeger.
Abloesung dann, der Kardiologe beginnt mich zu verkabeln.
Mir wurde langweilig und ich fing dann ein Gespraech mit der Dame von Medtronic an und fragte nach dem Model des Schrittmachers/Defi: Ich bekomme also einen INSYNC III Marquis verpasst.
Vorhof und Kammer auf der rechten Seite scheint ganz gut abzulaufen. Und auch der relativ schwierige Teil, naemlich der Wechsel innerhalb des Herzens auf eine andere Vene die auf die linke Herzseite fuehrt ( Coronarsinus ) scheint relativ problemlos von statten zu gehen, zumindest hoere ich den Kardiologen nicht fluchen.
Zwischendurch dann wie besprochen habe ich dann was fuer meine beginnenden Rueckenschmerzen bekommen.

Und ab jetzt wird es dann negativ. Meine Vorbildung war das die Sonde im Gegensatz zu den beiden anderen die ja festgeschraubt werden einfach nur in den Coronarsinus abgelegt wird.
Falsch. Es gibt da auf der Seite wohl noch 3 weiter Venen, und in eine von denen wird dann die Sonde plaziert. Tja, und die sind bei mir leider zu klein, bzw. die Sonde noch zu dick.
Es wurde noch versucht 2 Mal per Ballon eine der Venen aufzudehnen. Aber leider erfolglos.
Egal wo er mit der Sonde hinging, entweder waren die elektrischen Werte zu schlecht, oder aber ich bekam Zwerchfellzucken.
Der Kardiologe schmiss dann das Handtuch und sagte das er jetzt vor Ort fuer mich nichts machen koennte.

Die Sonde muss also jetzt von aussen an meine Pumpe angenaeht werden. Kleinere Sache, Endoskopisch, nur 3 Tage Aufenthalt,aber….. es geht nicht in diesem Krankenhaus. Das muesste wohl ein Kardiochirug machen und den gäbe es nicht in Oberhausen. Das wird dann in der Essener Uniklinik gemacht.
Damit habe ich dann wirklich nicht gerechnet.
Wenn mir schon aus dem Internet bekannt ist das es beim 3-Kammer Schrittmacher so Probleme geben kann warum schicken die mich nicht sofort nach Essen. Was fuer ein Schwachfug.
Nur gut das ich schon lag.
Dann noch die Androhung der kurzen Vollnarkose, damit man mich auf dem Tisch hüpfen lassen kann. Ich warte auf Nebelbilder und verschwimmende Laute, noch passiert nix. Die Schwester kommt in mein Blickfeld, zeigt mir ihren Finger… und da war ich schon wieder wach.
Ich erkundigte mich nach der Uhrzeit.
12:15.
Klasse, denke ich mir. Ueber 4 Stunden fuer 80 Gramm Elektroschrott. Der Chirug frickelt noch etwas an mir herum, weiss nicht was, Defi reinstopfen, Wunde nähen, jedenfalls irgendetwas heftiges auf meiner linken Brust.
Dann runter vom OP-Tisch auf mein Bett und ab auf die Intensive Medcare-Station. Dort sollte ich lt. Auskunft vom Chirugen am Vorabend wohl bis zum naechsten Tag zu Beobachtung bleiben. Aber ich koennte mich da bewegen. Noch einmal Pustekuchen. Sonde hier, Sonde da, Blutdruckmanschette mit 15-Minuten Automatik und Monitor ueber mir. Dann kam jemand mit einem mobilen Roentgengeraet fuer die Beweisfotos das man mir wirklich einen Funkenschlaeger und Sonden eingesetzt hat.
Macht auch Sinn, denn das OP-Personal kam mir suspekt vor. Die trugen Masken damit ich Sie spaeter nicht wiedererkenne und Handschuhe um keine Fingerabdruecke zu hinterlassen. Pah !
Nach 4 * Blutddruck messen ( also ca. 60 Minuten ) Bewegung an meinen Bett. He, wo rollt ihr mich hin ? Auf Station natuerlich, wir brauchen die Betten hier. Ah ja, war ja ein kurzer Tag auf der IMC ?.
So gegen 14:00 war ich dann wohl wieder auf meinem Zimmer, der Notfall vom Vorabend lag neben mir und der Notbettplatz war wieder mit Tisch und Stühlen bestückt.
Kurz vor 16:00 kam dann die Frage auf ob ich denn auf der IMC mein Essen bekommen haette.
Natuerlich nicht, war ja nur eine Stunde da und auf liegend Essen habe ich eh keinen Bock.
Da gab es dann mal leckeren Sauerkrauteintopf mit Mettwurst. Habe ich mir dann doch halb liegend einverleibt.
So gegen 16:30 Anfrage an die Schwester wegen Schmerzmittel.
Anwort: Brauchen Sie nicht, sie sind doch ein Mann.
Sie geht aber sofort raus und ich hoere wie Sie auf dem Flur wohl einen Arzt zur Sau macht weil noch nichts verordnet wurde.
Die Dame war naemlich eine vom alten Schlag mit ueber 30 Dienstjahren Erfahrung.
Was.. 20 mg Novalgin nur… das bekommen ja Kinder von 35 KG. Der Patient wiegt 124 KG, da koennen wir ja sofort das Novalgin neben das Bett kippen. Na ja, es gab nur die 20 MG, aber ich konnte mir Nachschub holen wann ich wollte. Aber der Brenner ist das Zeug auch nicht.
Dann noch ein kurzer Kampf mit der Schwester das ich wenigstens auf der Bettkante sitzen konnte weil mein Ruecken schon wieder Problem machte. Ich habe gewonnen.
Aber nur auf der Bettkannte weil Erstoperation etc. sollte man wirklich nicht rumhuepfen.
OK, verstanden.
Und schon gab es Abendessen. Man war ich voll.
Es folgte dann eine relativ schlaflose Nacht wegen der ganzen Aufregung und weil um 23:15 wieder so eine arme Socke unter den Fernseher geschoben wurde.
Am naechsten Morgen dann andere Schwestern und ich tastete mal vorsichtig ab ob ich nicht wenigstens bis zum WC laufen koennte. Ich kann naemlich nicht mit dieser Sch… Flasche.
Klar, kein Problem, Sie koennen das machen wofuer Sie sich fit fuehlen. Kurze Ueberlegung von mir ob ich die Schwester vor lauter Glücksgefuehl schwaengern oder zumindest abknutschen sollte.
Ich entschied mich aber dafuer erst einmal den WC-Gang hinter mich zu bringen und dann direkt einmal ausmessen ob der der Stationsflur waehrend der Nacht nicht an Metern verloren hat.

Gut, das war also die OP mit ein wenig Beiwerk. Ab da ging dann rein planungsmaessig alles schief und statt wie geplant spaetestens am Samstag wurde ich erst am Dienstag Nachmittag entlassen.
Aber das ist eine andere Story.

Aktueller Stand ist also: 77 Gramm Schrittmacher der nicht arbeitet wenn man einmal von der Defi Funktion absieht die ich aber nicht brauche. Zumindest habe ich vorher keine Synkopen gehabt und deswegen habe ich, weil das Teil nur als Primaerprophylaxe mit integriert wurde auch kein Fahrverbot erhalten. Das wurde mir zwar schon beim Katheter im Juni so versprochen, aber man weiss ja nie. Wenigstens etwas positives.
Dann noch 2 Elektroden wo ich wirklich nicht weiss wo die abgeblieben sind wenn man mal die angegebene Laenge betrachtet. Die Elektrode zum rechten Vorhof soll 58 cm haben, die in die rechte Herzkammer ist mit 65 cm angegeben.
Leider ist auf dem ICD Pass fuer nicht zu erkennen ab wann der DeFi einsetzt.
Die VF-Erkennung ab(ms) 300 und die VT-Erkennung ab (ms) 350 scheinen mir als Pulsfrequenzwerte etwas ueberhoeht.

Warten wir also wann sich die UNI-Klinik meldet. Sonst lese ich noch ein paar Konsaliks und operiere mich selber mit dem Taschenmesser.



by4now, Heinz

Yoda sagt: "Sicherheitskopien großen Nutzen haben. Verlorene Daten du kannst wiederherstellen damit! Das USB-Kabel nutze klug, junger Padawan, dann die dunkle Seite der Macht keinen Sieg erringen wird!"
--
Ich habe keine Wespen-Taille, ich habe eine Hummel-Hüfte

Best Wishes, Heinz

Re: Bericht meiner OP und ein wenig drumherum.

#2
Hallo Heinz,
habe gersde mit voller Begeisterung deine Beiträge gelesen.Leider konnte ich mich teilweise auch das Lachen nicht verkneifen.Dein Humor ist wirklich Göttlich.Ich glaube ich hätte die Krise bekommen.
Bisher war ich immer der Meinung das der Defi nur unter Vollnarkose eingesetzt wird.Da er getestet werden muß und das wäre für den Patienten zu schmerzhaft.
Ich wünsche dir alles gute und ein recht herzliches Willkommen hier.
Ich denke deine Beiträge werden dieses Forum noch mehr beleben.
Eim schönes Wochenende noch,Liebe Grüße Sabine



Schau in die Augen deiner Kinder und du weißt für wen du kämpfst und lebst!(von mir;-) )

Re: Bericht meiner OP und ein wenig drumherum.

#3
Hallo Heinz
Auch ich war von deinem Beitrag ins Lachen gefallen,den das man bei schwerer Erkrankung auch noch soviel Humor behalten hat finde ich gut ,wenn ich das auch nur immer so könnte, den ich bin auch eine ganz Lustige Type .Ich habe auch zu lange einfach zu ernst mit meinem Defi gelebt ,hat sich alles schon etwas gelegt seit ich im Forum bin und auch mitschreiben kann .Konnte vorher immer nur Lesen bei Nachbarn . Aber nun habe ich mir selber einen Angeschaft ,eine gute Sache .

Ach ja und noch Willkommen hier im Forum

Grüsse von Heike

Re: Bericht meiner OP und ein wenig drumherum.

#4
    Zitat: sabivo73
    Dein Humor ist wirklich Göttlich.Ich glaube ich hätte die Krise bekommen.
    Bisher war ich immer der Meinung das der Defi nur unter Vollnarkose eingesetzt wird.Da er getestet werden muß und das wäre für den Patienten zu schmerzhaft.
Hallo Sabine.
Selbsterstaendlich bekam ich waehrend des eigentlichen Defi-Tests den Holzhammer.
Ich meinte nur, ich war so schnell weg nach dem Fingerzeig der Schwester das ich ueberhaupt nicht mitbekommen habe das ich ueberhaupt in Vollnarkose war.

Und mit dem Humor. Ja, normalerweise bin ich halt so. Trotzdem hab ich innerlich eine Heidenangst das der Defi aus irgendwelchen Gruenden ein Lebenszeichen der staerkeren Art von sich gibt. Elektrodenbrueche scheinen ja zum Standard von Defis zu gehoeren wie der Bluescreen zu Windows.



by4now, Heinz

Yoda sagt: "Sicherheitskopien großen Nutzen haben. Verlorene Daten du kannst wiederherstellen damit! Das USB-Kabel nutze klug, junger Padawan, dann die dunkle Seite der Macht keinen Sieg erringen wird!"
--
Ich habe keine Wespen-Taille, ich habe eine Hummel-Hüfte

Best Wishes, Heinz

Re: Bericht meiner OP und ein wenig drumherum.

#5
Hallo Heinz,
ja ich denke mit Humor kann man sich einiges erleichtern.Doch ich weiß genau wie du dich fühlst.Deine Ängste sind auch die meinen.
Wann habe ich das Vergnügen meine Defi mal in Action zu erleben und halten die Sonden wie versprochen?
All die Fragen gehen mir jeden Tag durch den Kopf und ich weiß nicht wann das mal besser wird.Habe auch einen Defi von Medtronic.
Doch hier bist du nicht allein und das Forum hilft dir in vielen Dingen.Wir haben alle mehr oder weniger das gleiche Schicksal hier und die Menschen hier gehen untereinander fantastisch miteinander um.Das habe ich selber so noch nie erlebt.Mein Umfeld sieht das alles etwas anders.Um sich damit nicht auseinander setzten zu müssen,gehen sie dir lieber aus den Weg.
Nun gut,ich hoffe das mit deiner Narbe bekommst du auch noch hin.Da hatte ich leider etwas Pech .Bei der OP hat Man(n) da etwas gefuscht..Sollte eine Woche später zum Fäden ziehen und es ging nix.
Alles irgendwie und irgendwo verknotet.Meine Hausärztin war dem verzweifeln nahe.Wir haben uns dann entschieden noch mal oberflächlich aufzuschneiden.Nun habe ich eine schöne lange( 9cm) und breite (1cm) Narbe.Sie ist sehr wulstig und überhaupt nicht schön.Das belastet mich sehr,da ich ja auch noch relativ jung(35 J.)bin.Und es wird natürlich immer gefragt.Im Sommer verschnüre ich mich ja auch nicht.
So nun wünsche ich dir von Herzen noch alles Gute und bis bald,Liebe Grüße Sabine



Schau in die Augen deiner Kinder und du weißt für wen du kämpfst und lebst!(von mir;-) )