Organspende - Transplantation

#1
Guten Morgen zusammen,

es gibt sicherlich einige von Euch (ich gehöre auch dazu), die sich früher oder später mit dem Thema Organspende bzw. Herztransplantation auseinander setzen müssen.

Nachdem mein Kardiologe diese Option genannt hat (zu der Zeit war ich wesentlich schlechter dran als im Moment), habe ich mich intensiv damit befasst und bin für mich zu dem Entschluss gekommen, dass ich weder Organe spenden noch Organe empfangen möchte.

Wie seht ihr das?

LG
Majo



3 x TakoTsubo, 07.2014, 04.2015 und 02.2017
Biotronik ICD Implantation 03.2017
EF 35%

Re: Organspende - Transplantation

#2
Hallo Majo.
Mein Hausarzt hat das Thema mit mir mal durchgesprochen.
Er ist ehemaliger Kardiologe.
Er meinte er würde sich nie Transplantieren lassen.Allerdings ist er seit 20 Jahren aus dem Klinikbetrieb raus.
Vor einem halben Jahr habe ich mal einen Fernsehbericht gesehen,wo jemand Herzimplantiert wurde,und ihm ging es den Umständen entsprechend gut.
Ich hoffe für dich das sich hier Leute melden die das hinter sich haben. Die wissen ja am besten Bescheid.



Ja,das sind Grammatikfehler; ich habe einen Computervirus,der sein Unwesen treibt. Der nennt sich Dudenshredder.

Re: Organspende - Transplantation

#3
Mein Onkel hatte auch eine schwere Herzkrankheit und ist schon mit 50 von uns gegangen. Er wollte auch keine Transplantation, hätte aber angeblich gute Chancen gehabt.
Drei Jahre später hat es mich getroffen (TX Listung)... Ich hatte auch mal kurz Kontakt mit einem der TX-Selbsthilfegruppe hier in Dresden, aber ich verdränge das Thema eigentlich.

Ich kann mir vorstellen das dass ganze bei Transplantierten ein sehr heißes Eisen ist sich mit anderen darüber auseinander zu setzten. Sicher nicht bei allen. Ich zumindest würde zum es jetzigen Kenntnisstand/Zeitpunkt völlig ablehnen mich mit anderen über eine durchgestandene TX zu unterhalten, geschweige denn irgendwelche ehrenamtliche Auftritte vor Publikum zu machen.

Was Organspende Betrifft: Meine Organe in der Erde verotten zu lassen sofern sie noch zu etwas zu gebrauchen sind, und sei es nur zu wissenschaftlichen Experimenten, fände ich ziemlich sinnlos.
Dabei ist es mir auch völligst egal ob meine Niere ... etc. via Bestechung verteilt wurde, das, und religiöse Gründe wäre für mich der allerletze Grund mich gegen eine Organspende zu entscheiden.


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Re: Organspende - Transplantation

#4
    Zitat: dasPaul
    Was Organspende Betrifft: Meine Organe in der Erde verotten zu lassen sofern sie noch zu etwas zu gebrauchen sind, und sei es nur zu wissenschaftlichen Experimenten, fände ich ziemlich sinnlos.
    Dabei ist es mir auch völligst egal ob meine Niere ... etc. via Bestechung verteilt wurde, das, und religiöse Gründe wäre für mich der allerletze Grund mich gegen eine Organspende zu entscheiden.
Das ist richtig. Mir gefällt die Definition des "nach dem Tod" nicht und mir gefällt auch die Aufklärung nicht. Würde man die Organe erst später entnehmen, sähe das vielleicht anders aus.

Ich würde mich gern mal mit Transplantierten austauschen, die auch die negativen Seiten ehrlich darlegen und nicht immer das Gefühl haben dankbar sein zu müssen, auch wenn sich vielleicht Zweifel eingestellt haben.

Paul, wenn Du gelistet bist, aber dennoch das Thema verdrängst, was passiert, wenn plötzlich ein Herz zur Verfügung stehen würde?

LG
Majo



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Re: Organspende - Transplantation

#6
    Zitat: Majo2617
    Ich würde mich gern mal mit Transplantierten austauschen, die auch die negativen Seiten ehrlich darlegen und nicht immer das Gefühl haben dankbar sein zu müssen, auch wenn sich vielleicht Zweifel eingestellt haben.
Hallo Majo und alle anderen Leser,

ich habe Kontakt zu 5 Herztransplantierten und einen Freund, der seit frühester Kindheit Nierenkrank ist. Er ist nun wieder seit 8 Jahren an der Dialyse. In seinem Leben hatte er bereits 3 Organe benötigt. Er ist jetzt 59 Jahre alt und es kann sein, das er ab 60 kein 4. Organ erhält und sterben darf. Die Dialyse ist ein Leben mit minimalster Lebensqualität. Die Imunsupressiva sind dagegen eine Wellnes-Zeit!

Bei den Herztransplantierten gehören 4 zur Gruppe der Erwachsenen mit angeborenen Herzfehler. Die wurde alle vielfach am offenen Herz operiert und nehmen seit Geburt Medikamente. Das Leben macht uns Spaß, wir kennen ja nichts anderes - ein von Geburt an Blinder vermisst auch nichts, sein Leben war nie anders! Wenn dieser Bilnde durch nur eine OP sehen und die Bilder direkt im Gehirn zuordnen könnte, so ist die Veränderung für uns, der seit Geburt Herzkranken, nach Transplantation. Die Jubeln wirklich alle und wundern sich, das Treppensteigen und Einkaufen und Laufen und mit den Kindern/Enkel spielen eben doch ganz anders sein kann. Wir haben 30 oder 50 Jahre mit angezogener Handbremse gelebt. Das aber nicht einschätzen können, weil wir eben das Leben ohne angezogene Handbremse nicht kennen. "...Und plötzlich fährt man nicht mehr Trabi, sondern Porsche!..." Die Immunsupressiva sind auch okay, wir nehmen in der Regel seit Geburt regelmäißig viele Medikamente, einige messen seit Kindertagen den INR-Wert und schlucken Vitamine und sonstige Mineralstoffe.
Wir als Patientengruppe, sind mit den gesund aufgewachsenen und plötzlich Herzerkrankten, nicht vergleichbar!

Das was uns Probleme macht ist, dass z. B. die transplantierten Kinder/Jugendlichen ggf. heute sehr gut Leben, mittlerweile 25 Jahre alt sind, in Studium, Beruf und Beziehung stehen, sogar Familien gründen - auch Frauen!!, aber nicht wissen, ob ihnen in den nächsten 5 bis 10 Jahren eine zweite Transplantation ermöglicht wird.

Was mich immer traurig macht ist, dass auch in der Gruppe der EMAHs es Herzkranke gibt, die sich gegen eine Transplantation entscheiden. Alle die ich kenne, die das gesagt haben, leiden an zusätzlichen Erkrankungen, die sie von der Transplantationsliste nehmen. Das ist für diese Menschen besonders schmerzlich. Aus dieser Gruppe gibt es dann auch noch Betroffene, die sich als 'Moralapostel' aufspielen und gegen Organtransplantation sprechen, ggf. auch ein ganz natürlicher Selbstschutz. Aber wir Betroffenen sollten das Thema, das durch die aktuelle Politik!! stark negativ beeinflusst wird, nicht auch noch in Abrede stellen. Wir sollten alle auf die Straße gehen und jeden Tag danach fragen, wieso nur ca. 50 Kliniken sich an der Hirntod-Diagnose beteiligen und die anderen 1.000 angemeldeten Kliniken auf ihren Intensivstationen keine Hirntote-Patienten mehr haben! Die Wahrheit: Es gibt nur eine Fallkostenpauschale, die bei weiten nicht kostendekend ist!!

Die Hirntoddiagnose ist nicht einfach zu akzeptieren. Ich verstehen Menschen, die damit Probleme haben. In Österreich lassen die Ärzte z. B. auch die Patienten im OP versterben, in dem die Beatmung abgeschaltet wurde. Die Angehörigen können Abschied nehmen und 10 Minuten nach Herzstillstand erfolgt die Organentnahme. Dafür ist aber jeder!, auch jeder Tourist, im Fall des Falles automatisch Organspender. (Man muss schriftlich widersprechen -gibt es als PDF im Internet- und dann mus man in die Widerspruchsliste eingetragen sein.)

Hinweisen möchte ich auch noch auf eine oft von mir verspürte Doppelmoral. Ich kenne viele Menschen, die der Meinung sind, dass ein krankes Kind doch kein würdiges Leben hat und daher die Spätabtreibung wählen würden, oder gewählt haben, insbesondere bei der Diagnose Down Syndrom. Aber bei der Hirntoddiagnose, sind diese Menschen mißtrauisch und hoffen nach 3 Jahen Koma, mit 100% Beatmung und 100% künstlicher Ernährung, auf ein Leben, auch wenn es die schlimmsten Hirnfolgeschäden hätte.

Sorry, wieder viel Text, aber mit nur einer Aussage, könnte man die meine Meinung nicht in gänze nachverfolgen und ich habe auch keine Lust, mich für meine (egoistische) Meinung rechtfertigen zu müssen.

LG, Motte


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Ich kämpfe nicht gegen meine Krankheit - ich arbeite an meinem Leben!

Angeborene Ebstein'sche Anomalie, Kardiomegalie, massive Rechtsherzvergrößerung bei grenzwertig kleinem LV, kompletter Rechtsschenkelblock, verbeiteter QRS, verlängertes QT, Trikuspidalklappeninsuffizinez Grad IV, Aortenklappen- + Pulmonalklappeninsuttizient Grad I, Herzinsuffizienzsymptomatik NAHY 2-3 - bisher weitgehend native survival

Re: Organspende - Transplantation

#7
Ich habe 2008 in der Uni-Klinik in Frankfurt/Main eine Patientin kennen gelernt, die herztransplantiert war. In Folge der Vorbereitung und während der Zeit der HTX Nachbehandlung sind so viele Beschwerden aufgetreten (z.B. Dyalyse, Immunreaktionen usw), dass sie es bedauerte, die HTX durchgeführt zu haben.
Auf der anderen Seite haben wir hier im Forum ein Mitglied, dass eine HTX überstanden und in der Folgezeit noch viele gesundheitliche Probleme überstehen musste, bis es ihr wieder gut ging.
Ich für meinen Teil kann heute nicht sagen, wie ich mich bei einer Option für ein neues Herz (falls ich jemals in diese Lage kommen sollte) entscheiden werde. Der erste Teil dieses Threads - Organspende - ist für uns Defi-Träger eh keine Frage. Als Drogenabhängige (Arzneimittel sind hier Drogen) dürfen wir keine Organe oder Blut spenden.

Die Alte Fregatte



Re: Organspende - Transplantation

#8
@motte, ich hätte es nicht besser ausdrücken können.

    Zitat: Majo2617
    Paul, wenn Du gelistet bist, aber dennoch das Thema verdrängst, was passiert, wenn plötzlich ein Herz zur Verfügung stehen würde?
Naja, ich habe mich vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt. Ich verdränge hauptsächlich die ganzen "möglichen" Komplikationen die auf dem Weg zu einer Transplantation liegen könnten. Wie ich schon irgendwo anders schrieb befasse ich mich eigentlich mehr mit dem LVAD, da das ziemlich sicher vor einer TX eingebaut werden würde (eben wegen Organmangel).
Mein Arzt hat mir das auch mal in etwa so erklärt. "Vor 15 Jahren hätten Sie schon lange ein neues Herz bekommen, bevor diese Richtlinien geändert wurden und die Spendersituation noch anders aus sah, heute bekommen sie kein neues Organ mehr bevor Sie nicht auf der ITS liegen und eigentlich schon so krank sind das es sogar eigentlich sinnvoller wäre das Organ jemandem gesünderen zu implantieren da die ausgerichteten bei dem viel besser aussähen". Das klingt jetzt sicherlich sehr hart, vor allem für die die lange auf der ITS auf ein neues Herz bekommen haben und gut damit leben.

Das blöde an der ganzen Sache ist auch, man kann nix für die Zukunft planen. Mein Herz hat mir durch zwei Anläufe eine Ausbildung zu machen einen Strich gezogen. Ich spiele natürlich mit dem Gedanken nach einer evtl. Transplantation nochmal eine Ausbildung zu machen da die Rentenversicherungen inzwischen bei Jungen Leuten nach zwei Jahren ohne Komplikationen wieder Erwerbsfähigkeit ausstellen. Bei einem LVAD haben die sich das bisher noch nicht getraut aber wenn die Überlebensraten steigen wird das sicher auch zur Option. Nur lohnt sich das bei 50:50 nach zwei Jahren noch nicht wirklich für die Kassen.

Je mehr ich darüber nachdenke desto mehr fühlt sich das wie "Wolkenschlösser bauen" an, das ist vielleicht auch der Grund warum es sich irgendwie so sinnlos anfühlt sich darüber Gedanken zu machen. Im Moment lebe ich absolut im jetzt, ich gehe meinem Hobby nach, so gut wie ich noch kann denn ich weiß wie schnell sich die Situation ändern kann...


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Re: Organspende - Transplantation

#9
Darf ich mich denn als Organempfänger nur mit mir beschäftigen? Ist eine etwas provokative Frage, ich weiß.

Ich habe in meinen Rehas auch Menschen nach HTX kennen gelernt, die alle nicht glücklich waren. Ein Mädel von 26 Jahren, mit 19 transplantiert zum Beispiel. Große physische und psychische Probleme und fest entschlossen, das nicht noch einmal mit zu machen.

Auch mit Intensivschwestern, die Hirntote betreut haben und mit einer, die nach einer Explantation, bei der sie dabei war, berufsunfähig wurde. Und nicht zuletzt eine Mutter, die ihr Kind zur Organspende frei gegeben hatte und seit dem von Schuldgefühlen geplagt wird.

Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. Zu dem Zeitpunkt hatte ich eine EF von 20% und wollte für meinen inneren Frieden eine Entscheidung treffen....Gott sei Dank geht es mir heute besser.

Und das liebe Geld spielt natürlich auch bei Organspende und Transplantation eine riesige Rolle! Was alleine durch die lebenslangen Immunsuppressiva verdient wird ist unglaublich!!!

Ich würde niemandem einen Vorwurf machen wollen, der diese Option nutzen möchte oder genutzt hat, das liegt mir fern, ich möchte nur zum Nachdenken anregen.

Und ich stelle immer wieder fest, dass die meisten Menschen, vor allem in meinem Umfeld, sich darüber gar keine Gedanken machen WOLLEN, leider....

LG
Majo



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Re: Organspende - Transplantation

#10
Hallo,
ich bin ein absoluter Befürworter und kann motte nur beipfichten, das unsere Politik mit ihrer Schnellschuss-Aktion nach dem Skandal hier nur blinden Aktionismus getrieben hat anstatt mal vernünftig drüber nachzudenken. Das hat der Thematik mehr geschadet als genützt. Auch hier hätte eine Bürgerbefragung wahrscheinlich ein anderes Ergebnis gebracht. Eine Lösung wie die in Österreich ist längst überfällig. Aber leider ist Behindert und Krank sein in unserer Gesellschaft immer noch ein Makel und der Tod ein Tabu - trotz unserer angeblich so christlichen Werte.

Und darüber nachzudenken wie teuer das alles ist und ob das für die Gesellschaft notwendig sei ist für mich schon eine menschenverachtende Ansicht. Demjenigen scheint es noch nicht dreckig genug zu gehen. Ich möchte nicht luftjapsend langsam ersticken, weil ich es nicht wert bin ein neues Herz zu bekommen oder eine Nierenvergiftung kriegen weil die Dialyse zu teuer ist. Denn die "humane" Alternative, die aktive Sterbebegleitung, ist bei uns auch nicht erlaubt - man müsste also jämmerlich verrecken.

Leider ist es mir wegen meiner Krankheit, der Medikamenteneinnahme und meines Alters nicht mehr möglich zu spenden - mich könnten sie ausschlachten um möglichst vielen zu helfen. Ich brauch nach dem Tod meinen Körper nicht mehr und sehe auch nicht, warum es meiner "Seele" schaden soll, wenn dieser nicht mehr vollständig ist. Mich dagegen nach dem Tod lieber vollständig von Würmern zerfressen zu lassen oder zu Asche zu verbrennen ergibt einfach überhaupt keinen Sinn.

Beste Grüße

Thorsten