Re: Defi ohne Elektrode zum Herz

#4
02.06.10 | ukm/dre
Erstmals in Deutschland: Defibrillator am UKM ausschließlich direkt unter die Haut implantiert

„Meilenstein in der Behandlung von Herzrhythmusstörungen“ / Effektiver Schutz vor dem plötzlichen Herztod und vor Langzeitkomplikationen
Prof. Dr. Eric Schulze-Bahr, Dr. Julia Köbe, Dr. Andreas Löher und Prof. Dr. Lars Eckardt (v.l.).

Zufrieden mit der Deutschland-Premiere am UKM: Prof. Dr. Eric Schulze-Bahr, Dr. Julia Köbe, Dr. Andreas Löher und Prof. Dr. Lars Eckardt (v.l.). Sie zeigen einen der neuen Defibrillatoren, die nun erstmals implantiert wurden.

Am Universitätsklinikum Münster (UKM) wurde jetzt erstmals in Deutschland ein neues Defibrillator-System („S-ICD“) implantiert, dass den Schutz schwer herzkranker Patienten vor dem plötzlichen Herztod verbessert.
Das neue System kann implantiert werden, ohne dass wie bislang der direkte Zugang zum Herzen über das Venensystem erforderlich ist: Der Defibrillator und ein notwendiges Kabel werden lediglich im linken Brustbereich direkt unter die Haut implantiert („subkutan“). Bislang war es noch nötig, dass die Defibrillationselektrode direkt im Herz verankert wird. Diese mögliche Quelle von Langzeitkomplikationen wird nun umgangen. Der neue Defibrillator hat ein Gewicht von 143 Gramm. Er ist 78,2 Millimeter lang und 15,7 Millimeter hoch.

Am 1. Juni wurden die ersten beiden Eingriffe dieser Art durchgeführt. Den beiden Patientinnen, zwei Frauen im Alter von 33 bzw. 48 Jahren mit einem erhöhten Risiko für den plötzlichen Herztod, geht es gut. Sie können schon bald das UKM verlassen. Durchgeführt wurden die Eingriffe von interdisziplinären Teams der Medizinischen Klinik und Poliklinik C (Kardiologie und Angiologie) und der Klinik und Poliklinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie des UKM. Prof. Dr. Lars Eckardt, Kommissarischer Leiter der Medizinischen Klinik C und Leiter der Rhythmologie am UKM, betont: „Diese neue Methode ist ein Meilenstein der Defibrillatortherapie. Die Behandlung lebensgefährlicher Rhythmusstörungen wird dadurch entscheidend erleichtert, da nun kein direkter Zugang zum Herzen mehr nötig ist.“

Dr. Andreas Löher, Leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, ergänzt: „Der besondere Nutzen des Systems liegt darin, dass die Möglichkeit der Elektrodenkomplikation im Herzen selbst vermieden werden kann, da die Elektrode jetzt direkt unter der Haut liegt. Trotz aller Fortschritte und großen Erfolge der bestehenden Therapieoption waren bislang solche Komplikationen nicht komplett auszuschließen.“

Dies sei besonders für jüngere Patienten besonders wichtig. Das betont Prof. Dr. Eric Schulze-Bahr, Lehrstuhlinhaber und Leiter des Schwerpunktes „Genetik von Herzerkrankungen“ am UKM und der Spezialambulanz für Patienten mit genetisch-bedingten Herzerkrankungen: „Speziell für Patienten, die aufgrund ihrer genetischen Veranlagung schon in jungen Jahren mit dem Risiko des plötzlichen Herztodes konfrontiert sind, wird die Möglichkeit eventueller Komplikationen, z.B. durch Gefäßverletzungen oder Infektionen, gesenkt und die Lebensqualität verbessert.“

Hintergrund

Der plötzliche Herztod verursacht etwa 80.000 Todesfälle im Jahr in Deutschland. Patienten, die einen Herzstillstand überlebt haben oder aufgrund einer schweren Herzerkrankung gefährdet sind plötzlich zu versterben, werden bereits seit vielen Jahren weltweit mit einem implantierten Defibrillator vor dem plötzlichen Herztod geschützt. Ein solcher Defibrillator überwacht den Herzrhythmus rund um die Uhr und behebt Störungen, indem er mit einem exakt dosierten Stromstoß eine Korrektur der lebensbedrohlichen Rhythmusstörung durchführt – im Fachbegriff „Defibrillation“. Bislang war dabei die Platzierung der Defibrillationselektrode im Herz nötig. Bei dem neuen Verfahren wird diese Elektrode lediglich direkt unter der Haut im Brustbereich eingesetzt.

Die Weiterentwicklung der implantierbaren Schrittmacher und Defibrillatoren ist ein ausgewiesener Schwerpunkt der Münsteraner Universitätsklinik: Vor über 20 Jahren wurde am UKM unter Leitung des damaligen Direktors der Kardiologie, Prof. Dr. Günter Breithardt, und der UKM-Herzchirurgie (Direktor: Prof. Dr. Hans H. Scheld) der weltweit erste „transvenöse Defibrillator“ implantiert, d.h. es wurde erstmals ohne chirurgische Eröffnung des Brustkorbs über eine große Vene eine Defibrillationselektrode im Herz platziert und mit einem implantierten Defibrillationsgerät verbunden.

LG
Michael


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Biotronik, Lumax340 VR-T XL; ARVCM, 59 J., www.arvcm.cabanova.de
Das beste Deutsch ist, das vom Herzen kommt. (Sprichwort)

Re: Defi ohne Elektrode zum Herz

#5
Also, so richtig kapiert habe ich es noch nicht. Was bitte ist mit "nur einem Kabel" gemeint? Wie funktioniert die Sensorik? Wie werden Schocks übertragen? Besteht nun eine Verbindung Defi-Herz?

Danke!

Alex



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Re: Defi ohne Elektrode zum Herz

#7
Danke für den Link; ich ahne jetzt, wie's funzt. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist aber auch die Energieabgabe etwa doppelt so groß (65 Joule). Habe keine Erfahrungen aber 30 Joule sollen schon äußerst unangenehm sein... Alles hat - wie immer - zwei Seiten.



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Re: Defi ohne Elektrode zum Herz

#9
Dazu gab es vor Kurzem auch einen Artikel in der Nordsee-Zeitung.

Sehr geil! Die Tatsache, dass das Gerät (die Sonde) nicht mehr durch ein Loch in einer Ader direkt ins Herz eingeführt werden muss, ist doch genial. Was da alles an Komplikationen vermieden wird! Ich finde das ist eine der besten Nachrichten des Jahres.

Wenn ich in 5-10 Jahren einen Akkuwechsel brauche, schau ich, ob ich nicht so ein Teil bekommen kann.

Wer hat denn schon so ein Teil? Erfahrungsberichte her, bitte! Wie läuft die OP ab, wie ist der Tragekomfort... "unter der Haut" hört sich so locker an. Wackelt das Teil dann nicht übelst hin und her?

Re: Defi ohne Elektrode zum Herz

#10
Wer hat denn schon so ein Teil ???

Lies mal oben den Artikel durch - bis jetzt zwei Personen in Deutschland. Und das erst seit wenigen Wochen ..... wie soll da ein Erfahrungsbericht möglich sein? Ausserdem muß man nicht davon ausgehen, daß diese beiden Patienten Mitglieder hier im Forum sind, sonst hätten sie sich sicher im Vorfeld schon hier gemeldet.

Da werden wir noch Monate oder Jahre warten müssen, bis es fundierte Berichte gibt. Noch wird das Gerät ja auch nur in einer Klinik implantiert - bei bisher 2 OP´s hat das wohl auch noch einen experimentellen Studiencharakter. Ob sich so etwas gegenüber der Jahrelang erprobten Technik schnell durchsetzt, ob das für alle Patienten möglich ist etc.. das steht doch in den Sternen.

Bei Asynchronitäten des Herzens, bei denen durch eine dritte Sonde die Synchronität der beiden Herzhälften gewährleistet wird kommt z.b. ein solches Gerät nicht in Frage - ebenso für Patienten, die mit einem 2-Sondensystem versorgt sind.

Wenn ich den Artikel richtig verstehe, dann ist das Gerät möglicher Ersatz für ein-Kammer Systeme - d.H. Ohne Schrittmacherfunktion, ohne Überstimulation (Pre-Shock) und ohne Synchronisierungs-Notwendigkeit.

Und das schränkt das System doch deutlich gegenüber den meisten Geräten ein, die wir in unserer Brust tragen.

Ich denke, es wird einige geben, für die dieses Gerät ausreichen wird, aber das wird eine Minderheit unter den Defi-Trägern bleiben.

zauberhaft

Oliver


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nein, ich will nicht in den Himmel - da kenn ich ja keinen......
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