Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#1
Hallo,
bin heute etwas depressiv. Andreas hatte heute mal wieder einen Termin beim Hausarzt. Der macht mich immer ganz krank. Wenn man den reden hört ist Andreas quasi schon Tod.

Herzleistung 30 %, da geht wohl scheinbar nichts mehr. Wenn es nach ihm geht soll Andreas wohl nicht mehr arbeiten. Er zieht immer die Stirn kraus wenn er Andreas seine Befunde liest.

Wenn ich bei dem Raus komme geht es mir immer erstmal ganz mieeeeees.

Wer entscheidet eigentlich ob und wann Andreas wieder arbeiten kann? Auch die Kardiologen in Lüdenscheid ziehen immer nur die Stirn kraus.

Wir haben vier Kinder zu ernähren und ich arbeite nur auf 400,-- € Basis da ich mich ja bisher um den Haushalt und die Kids gekümmert habe. Bei der Momentanen Wirtschaftskrise ist es auch sehr unwarscheinlich das ich einen Job bekomme.

Irgendwie hänge ich total in der Luft und könnte nur heulen.
  1. Die Krankheit von Andreas
  2. Nicht wissen was wann wie passiert (Arbeit z.B.)
  3. Die finanziellen Sorgen

depressive Grüße



Das Glas ist halb voll!

Re: Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#3
Hallo Andy,

das ist eine gute Frage, wie es mir geht.
Jetzt, so kurz nach der OP, noch nicht wieder so gut, aber das wird wieder, was mir viel mehr Sorgen bereitet ist mein bisheriger Job, ich bin Werkzeug und Anlagenkonstrukteur und Teileentwickler, also ein Schreibtischjob, der es aber in sich hat. Viel Stress, viel arbeit und den ganzen Tag angestrengt denken.
Ich habe seit dem Infarkt gemerkt das die Konzentrationsfähigkeit strark nachgelassen hat, ausserdem bin ich extrem vergesslicher geworden. Ich weiss nicht ob es an der mangelden "Übung" liegt oder an der Erkrankung ???
Würde es gerne wieder in meinem Job probieren und wenn es nur Stundenweise ist, (bekomme eventuell eine Wiedereingliderung bei meinem HA durch), nur ist das die sache mit dem "wie komme ich zur Arbeit", bis vorraussichtlich Juli darf ich kein Auto fahren, und sebst wenn ich fahren darf, wenn ich z.B. 3-4 Stunden Arbeite bin ich hin und zurück ca. 1,5 Stunden unterwegs. Mit dem Bus oder Bahn sind es pro Strecke 1,5 - 2 Stunden.

Tja, ich glaub ich muss erst mal abwarten was die nächsten Untersuchungen ergeben, und ich werde die Meinung von einem anderen Kardiologen einhohlen (leider lange wartezeit).

Gruss
Andreas



Re: Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#4
Hallo Corinna, servus Andreas.

Ich würde Euch wünschen, daß es für Eure Fragen und Probleme eine "Patentantwort" gäbe.
Auch ich hatte und habe sie hin und wieder, diese Existenzängste.

Im Grunde entscheidest Du allein, was, wann und wie. Ob dies jedoch auch Deiner Gesundheit zuträglich ist, steht auf einem anderen Blatt. Ob Du wieder in Deinen Job zurück kannst, hängt natürlich auch von Deinem Arbeitgeber ab.

Ich bin jetzt die dritte Woche wieder in meinem alten Job. Ich bin auch ein "Schreibtischtäter" mit einem stressigen Job.
Mein Kardiologe und auch mein Hausarzt hätten es lieber gesehen, wenn ich in Pension gegangen wäre. Auch unseren Betriebsarzt davon zu überzeugen, daß ich noch in meinem alten Job arbeiten kann, war nicht leicht, aber im Endeffekt hatten sie alle Verständnis dafür, daß ich noch arbeiten möchte. Ich mußte ihnen nur Versprechen, daß ich, wenn ich merken würde daß es zuviel für mich wird, sofort bei ihnen zu melden. (und dann geht´s ab in die Pension)

Ich war 4 Monate im Krankenstand. Laß dir also Zeit, erstmal mußt Du dich wieder wohler fühlen.


Gruß Andi



Re: Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#5
Guten Morgen ihr beide,
die Existenzängste und Verunsicherung kennen wir , glaube ich, alle.
Nach meiner Erst - Implantation wurde ich von meinem HA die ganzen 6 Monate krank geschrieben. Ich bin im Aussendienst tätig. Meine Firma erlaubte mir zwar, ich könne mir einen Fahrer suchen der mich zu meinen Kunden fährt, den hätte ich aber selbst bezahlen müssen !
Im Nachhinein bin ich froh, das halbe Jahr zu Hause geblieben zu sein. Ich konnte mich mit der Krankheit auseinander setzen und erholen. Ich hatte Gespräche mit Rentenvericherung, wie hoch meine mgl. EU Rente ist usw.

Am 23. 01. diesen Jahres wurde meine Elektrode und der Akku ausgetauscht. Gestern war mein erster Arbeitstag und im Moment fühle ich mich richtig schlecht. Ich habe massive Schmerzen in der Brust. Fühlt sich an wie ein super Muskelkater und ich kann den linken Arm kaum bewegen. Vielleicht hätte ich doch noch länger zu Hause bleiben sollen...
Mal wieder falscher Ehrgeiz und natürlich dem lieben Gelde wegen..

Aber sprich mit der Rentenversicherung, wieviel Geld Du bekommen würdest. Wie könnte noch etwas dazu kommen. Berufsunfähigkeitsversicherung ? Check alles ab ob Ihr zurrecht kommen könnt. Vielleicht gibts für Dich auch eine Mitfahrgelegenheit ?

Ich wünsche Euch von Herzen alles Gute. Am Ende jeden Tunnels scheint Licht !

Daggi



idiophatisches kammerflimmern vielleicht auch brugada. implantiert nov.´05.
wer rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Re: Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#6
Hallo,
bei mir versuchte schon mal vor Jahren(2001), während einer Krebserkrankung meine Private Krankenversicherung meinen damaligen Hausarzt davon zu überzeugen, das es mit mir nichts mehr würde und er solle irgendso ein Papier aufsetzen, dass diese Entscheidung untermauern würde. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu meinem Hausarzt und er ein sauschlechtes Verhältnis mit meiner PKV. Also hat er mir das berichtet und denen nicht so eine Einschätzung geschickt. Nebenbei bemerkt hatte er recht behalten: Ich lebe noch immer.
Freilich könnte ich in einem halben Jahr ohne Abzüge in Rente gehen. Ohne Abzüge heißt aber auch ohne die Rentenansprüche, die ich noch bis 65 erwerben kann.
Die Rente ist so gering, dass ich riesige Abstriche bei meiner Krankenversicherung machen muß. Da bin ich jetzt im Gespräch mit einem Versicherungsberater. Mein Weib ist scheinselbständig, solange, wie ich mein Gehalt kriege, kann es auf dieser Basis weitergehen. Dann müssen wir aus Schwaben wegziehen, weil die Lebenshaltungskosten hier exorbitant hoch sind.
Gott sei Dank, Exsistenzängste wegen des Jobs sind nun endlich vorüber. Das kenne ich aber auch zur Genüge aus den letzten 20 Jahren, seit ich hier in der Bundesrepublik D bin. Wie beruhigend es ist, wenn man jeden Morgen aufstehen kann und weiß, das man abends definitiv seinen Job noch hat, das weiß ich erst seit 1988.
Krankheit ist schon schlimm, aber in der in diesem System innewohnenden Exsistenzangst ist es kaum auszuhalten. Bloß, man hat keine Alternative. Der Blick in die Zukunft ist grausselig.
Ich wünsche Euch mit Euren 4 Kindern ganz viel Glück.
Leider fällt mir außer dem Gejammer über meine eigene Situation nichts tröstendes für Euch ein. Ich weiß, es ist überhaupt nicht aufbauend, zu lesen, dass es anderen Leuten auch nicht gut geht. Ich bin aber so ratlos und fühle mich furchtbar hilflos.
Ich wünsche Euch ganz viel Kraft um den Mist durchzustehen.
Horst



Re: Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#7
Lieber Andreas,

zum Thema Arbeit kann ich selbst nicht besonders viel "sagen", da ich mich noch in Elternzeit befinde. Allerdings habe ich vor, im Sommer wieder anzufangen. Ich habe daher "noch schnell" einen Behindertenausweis beantragt und auch bekommen (in München geht´s scheinbar relativ fix). Da ergeben sich im Job auch ein paar Vorteile. Man hat ja des öfteren das Gefühl, dass andere schnell vergessen, wie krank man tatsächlich ist, weil man es schließlich auch nicht sehen kann. Doch jetzt mit Behindertenausweis ist es quasi offiziell und ich fühle mich dadurch ein wenig geschützt (keine Überstunden mehr, eine Woche mehr Urlaub, Kündigungsschutz, usw.). Da trau´ ich mich dann auch eher mal zu sagen:"Hört zu, ich schaff´ das nicht, kann mir jemand helfen." Ich bin ja schließlich behindert. :-P
Vielleicht hat ja Dein Arbeitgeber auch noch andere alternative Jobs anzubieten, die nicht ganz so stressig sind. Wenn Du bis jetzt ein guter Arbeitnehmer warst, ist er vielleicht froh, wenn er Dich nicht ganz verliert und bietet Dir was anderes an. Fragen kostet ja nix.

Liebe Corinna,

zum Thema Arztbesuche kann ich nur sagen, dass es mir da genauso geht. Mein Mann weiß schon genau, dass ich nach jedem Termin mit schlechter Laune nach Hause komme und diese dann immer mehrere Tage andauert. Am schlimmsten finde ich auch, wenn die Docs die Stirn kraus ziehen oder mit dem Kopf schütteln, sich dann aber nicht richtig äußern, sondern nur drum rum quatschen. Allerdings behauptet mein Mann, dass ich mittlerweile schon so empfindlich geworden bin und somit jedes Augenzucken und Augenbrauenheben des Arztes negativ deuten würde. Da könnte er recht haben. Vor allem bei der Herzultraschall-Untersuchung beobachte in den Doc ganz genau um schon vorher das Ergebnis deuten zu können. Irgendwie verrückt... Aber man kann eben nicht aus seiner Haut.
Beim letzten Arztbesuch habe ich endlich mal positive Nachrichten bekommen und konnte mich danach gar nicht meiner depressiven Stimmung hingeben. Das war mal richtig erleichternd und schön. Gut gelaunt vom Arzt wieder kommen, welch seltenes Erlebnis. :-) Aber es kommt vor.

LG Judith



Re: Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#8
Hallo Andreas,

jetzt lass vor allem erst mal langsam angehen, solange ist es bei Dir ja noch nicht her.

Ich war nach meinem Herzstillstand mit Reanimation fast 1 1/2 Jahre krank geschrieben, am Ende aber auch weil sich Rentenversicherung und Krankenkasse nicht darüber einig wurden wer die Wiedereingliederung bzw. Teilhabe am Arbeitsleben bezahlen sollte.

Auch ich habe nach der Reanimation (Sauerstoffmangel) massive Probleme mit der Konzentration und dem Kurzzeitgedächtnis gehabt. Ich war deshalb auch extra in einer neurologischen Reha in Bad Dribung und da bin ich heute echt dankbar für, denn da kann man mit speziellen Übungen richtig viel machen. Heute bin ich fast auf dem alten Stand. Also hab keine Scham da mal einen Neurologen aufzusuchen, das ist wirklich wichtig!

Alles Gute Eckhard



Re: Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#9
Auch meine Konzentrationsfähigkeit hat sich nach dem Herzstillstand verschlechtert. Bei meinem Gedächtnis ist es auch so - meine Merkfähigkeit hat nachgelassen. Letzteres wollte ich lange nicht wahrhaben und es ist auch den Arbeitskollegen aufgefallen, bevor ich es selber gemerkt habe. Aber seit ich darauf achte, weiß ich, daß es stimmt. Manchmal beunruhigt mich das schon. Zumal zwei Jahre um sind.
Es tut mir Leid, daß Du in Schwierigkeiten steckst und ich wünsche Dir, lieber Andreas, viel Mut und Kraft, sie durchzustehen.

Liebe Grüße

Evi


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Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt, 4xOP am offenen Herzen, Herzinsuffizienz 2. Grades, Z.n. überlebtem Plötzlichem Herztod 2007, anschließend Defibrillatorimplantation, 2011 und 2012 Ballondilatation mit Stentimplantation in den Pulmonalarterien, 2012 Kammerflimmern

Re: Arbeiten oder nicht? Wer entscheidet wann?

#10
Hallo Corinna und Andreas,

bitte überprüft doch mal die Nebenwirkungen der Medikamente. Bei den Betablockern gibt es einige, die negative Auswirkungen auf das Gedächnis haben. Eventuell lassen sich diese durch weniger "agressive" Betablocker ersetzen.

Auch ich bin ein "Schreibtisch-Täter", der gerne durch die Arbeitsmenge gestresst wurde. Lerne -und das kannst nur du, Andreas- das ganze etwas "ruhiger" (langsamer) anzugehen. Schleife immer einen Mini-Block und einen Stift mit dir rum (oder ganz modern einen PDA / Kommunikator) und mach dir Notizen. Lass dich dabei von den "Blödeleien" deiner Kollegen nicht beirren - das ist der "Neid der Besitzlosen" (kein Block / PDA / Kommunikator).
Ich kann, wie fast alle Kollegen, auch von zu Hause aus arbeiten. Wenn es mir nicht gut geht oder beschis... Arzttermine anstehen, mach ich das (auch mal Abends, wenn was ganz dringendes anliegt). Vielleicht hast du diese Möglichkeit auch.
Und stelle unbedingt den Antrag auf den Schwerbeschädigtenausweis. Man muss ihn ja nicht gleich dem Arbeitgeber unter die Nase halten, aber die Schutzwirkung besteht damit ab dem Antragseingang beim Versorgungsamt.
Wie ist das Verhältnis zu den Klinikärzten? Bei meinen Kontrolluntersuchungen / Defi-Auslesungen werden immer die Echokardiografie / Blutuntersuchungen / Spiro-Ergometer mitgemacht. Die Klinikärzte (Uni Frankfurt) sind gut und geben einem gerne Auskunft auf alle meine Fragen. Sie weisen auch darauf hin, wenn sich Werte positiv / negativ verändern und scheuen auch nicht vor Therapievorschlägen für den Hausarzt / Kardiologen zurück.

Grüße
die Alte Fregatte